Wien – Wie rasch es einem Flüchtling gelingt, sich in Österreich zu integrieren, hängt – über Quartier und Versorgung hinaus – sehr von der Unterstützung durch Privatpersonen ab. Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) gelte das besonders, sagt Josef Hiebl, Flüchtlingskoordinator des Wiener Amts für Jugend und Familie, MA 11: "Daher erweitern wir die Möglichkeiten für UMF, in Familien zu leben."
Unter 14-jährige unbegleitete Minderjährige können in Wien bereits seit November 2015 als Pflegekinder aufgenommen werden. Aufnahmebedingungen und Aufwandsentschädigung – 480 bis 515 Euro pro Kind und Monat – sind so wie bei anderen elternlosen oder den Eltern entzogenen Kindern dieses Alters. Die übrigen Bundesländer haben es Wien gleichgetan, sodass es österreichweit derzeit an die 120 solcher Pflegeelternschaften gibt.
Neuer Verein
Nun dehnt man dieses Betreuungsmodell in der Bundeshauptstadt auch auf 14- bis 18-Jährige aus. Konkret starten in offiziellem Auftrag der MA 11 und des Fonds Soziales Wien zwei Initiativen: Der Verein "Kinderflüchtlinge unterstützen und integrieren" (Kui) beginnt bereits diese Woche mit der Suche nach Gasteltern für unbegleitete über 14-Jährige – am 8. und 15. 6 gibt es Infoabende für Interessierte. In wenigen Wochen wird auch SOS-Kinderdorf mit einem solchen Projekt beginnen.
"Damit wird es endlich auch für Gasteltern älterer Unbegleiteter eine gescheite, pflegeelternähnliche Organisationsstruktur geben", erläutert Kui-Obfrau (und UMF-Expertin des NGO-Zusammenschlusses Asylkoordination) Katharina Glawischnig. Eltern und Gastkinder in spe – vor allem junge Afghanen sowie Syrer – würden beraten. Für jeden Jugendlichen gebe es eine muttersprachliche Vertrauensperson. Die Aufwandsentschädigung entspricht der für ein Pflegekind dieses Alters: zwischen 700 und 753 Euro monatlich.
Bisher zu wenig Betreuung
Dem war bisher nicht so: Erklärte sich eine Familie oder eine Einzelperson, etwa aus dem Kreis freiwilliger Helfer in Traiskirchen, bereit, einen 14- bis 18-Jährigen aufzunehmen, so gab es dafür weder besondere Betreuung noch Aufwandsentschädigung. Wie jedem Grundversorgten kam dem Jugendlichen bloß der Zuschuss für privates Wohnen von 320 Euro monatlich zu. Aufgrund der mangelnden Betreuung sei bisher so manche Gastelternschaft gescheitert, sagt Glawischnig: "Das soll jetzt anders werden." (Irene Brickner, 25.5.2016)