Hallstatt: eine rote Hochburg, die auch das grüne Spektrum abdeckt. "Wenn uns was nicht passt, dann werden wir zu sturen Rebellen", erklärt Bürgermeister Alexander Scheutz.

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Es scheint, als hätte man jeden Zentimeter Wohnraum dem mächtigen Salzberg abtrotzen müssen. Die Häuser schmiegen sich an die mächtige Felswand. Idyllische Holzbauten in Symbiose mit schroffem Gestein. Eine einzige Straße führt durch die 800-Seelen-Gemeinde Hallstatt. Einen Weitblick verhindern die mächtigen Berge, die zum Greifen nahe scheinen. Aber wer sich von Mutter Natur bedroht fühlt, sollte mit Bedacht ausweichen – schnell landet man sonst im ebenso nahen Hallstätter See.

Begrenzte Totenruhe

Platz ist in dem Weltkulturerbe-Ort eben Mangelware. Am eindrucksvollsten zeigt sich dies wohl auf dem Friedhof gleich neben der katholischen Kirche. Im Beinhaus liegen fein säuberlich gestapelt tausende Schienbeine und Armknochen. Und inmitten der Gebeine finden sich die Totenschädel. Alle mit Namen beschriftet und kunstvoll bemalt: Efeu und Eichenlaub für die Männer, Rosen und Blütenkränze für die Frauen. Hat man für die Lebenden schon zu wenig Platz, muss man eben bei den Toten kreativ sein. Nach zehn Jahren Friedhofsruhe wandern die Gebeine in den Karner.

Es ist ein eigenwilliges Leben hier im inneren Salzkammergut. An einem Ort, der einer ganzen geschichtlichen Epoche den Namen gegeben hat. Unglaublich schön, wenn die Natur es will, und durchaus bedrohlich, wenn Mutter Erde schlechte Laune hat. Und dazwischen Licht und Schatten eines Weltkulturerbes: Der Tourismus blüht, doch die Massen können auch zur Last werden. Hinzu kommt das ambivalente Verhältnis zur Denkmalpflege. Jeder neue Nagel im historischen Gebälk löst da schon einen behördlichen Aufschrei aus.

Bürgermeister Alexander Scheutz (SPÖ) blickt aus seinem Bürofenster direkt am Marktplatz. Hinweg über die Massen an fotografierenden Asiaten. Und lächelt: "Man muss hier geboren sein, um hier leben zu können." Ob er jemals überlegt habe, von Hallstatt wegzuziehen? Scheutz: "Nein. Hier zu leben ist etwas ganz Besonderes."

Keine Hofer-Plakate

Für den Gemeindechef steht aber nicht die bis ins ferne China kopierte Alpenromantik im Vordergrund. "Es ist dieser Zusammenhalt. Trotz Gebirge sind wir eigentlich offene Typen. Aber wenn uns was nicht passt, dann werden wir zu sturen Rebellen." Nicht gepasst hat den Hallstättern zuletzt der blaue Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer. Kein einziges Wahlplakat zierte den Ort, und das Wahlergebnis war entsprechend: Im ersten Durchgang war Hallstatt die einzige "grüne" Gemeinde im sonst blau gefärbten Salzkammergut. In der Stichwahl am vergangenen Sonntag sicherte man Alexander Van der Bellen mit 70,4 Prozent das beste Gemeindeergebnis Oberösterreichs. Scheutz: "Wir haben keine Grünen im Gemeinderat. Aber die SPÖ ist stark, wir decken das Spektrum ab."

Wobei eigentlich fast das gesamte innere Salzkammergut zur grünen Insel mutierte: Gmunden, Altmünster, Ebensee, Bad Ischl, Bad Goisern – überall wählte man mehrheitlich Van der Bellen. Einzige Ausnahme ist der Hallstätter Nachbarort Gosau. Aber selbst über den Pötschenpass ins nahe Ausseerland setzte sich Van der Bellens Siegeszug fort. (Markus Rohrhofer, 23.5.2016)