Der Amokläufer von Vorarlberg war dem Landesamt für Verfassungsschutz bekannt.

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Nenzing/Bregenz – Eine Schießerei nach einem Beziehungsstreit mit drei Toten: So lautet das erste traurige Resümee, nachdem ein 27-jähriger Österreicher am Sonntag in den frühen Morgenstunden bei einem Bikertreffen in Nenzing in Vorarlberg Amok gelaufen ist. Der Mann soll wahllos in eine Gruppe von Konzertbesuchern geschossen haben, verletzte dabei elf Menschen, tötete zwei Männer und dann sich selbst. Ein 1962 geborener Mann schwebt nach wie vor in Lebensgefahr.

Seit langem amtsbekannt

Der Täter war tief in der Neonaziszene verankert. Das zeigen nicht nur seine Facebook-Freunde – das Profil war am Montag noch immer online –, unter denen neben prominenten Politikerinnen wie Barbara Rosenkranz von der FPÖ auch jede Menge Personen aus der rechtsextremen Szene zu finden waren.

Den rechtsextremen Hintergrund bestätigte die Vorarlberger Polizei am Montag bei einer Pressekonferenz, Gregor S. gehörte bis 2010 dem Skinhead-Neonazi-Netzwerk Blood and Honour an. Er war dem Landesamt für Verfassungsschutz bekannt.

Seit 2010 sei der Mann – er arbeitete als Installateur und hatte mit seiner Partnerin ein 17 Monate altes Kind – nicht mehr aufgefallen, sagte der stellvertretende Leiter des Landeskriminalamts, Stefan Schlosser. Zwischen 2005 und 2010 wurde er acht Mal rechtskräftig verurteilt. Es handelte sich dabei um die Delikte Körperverletzung und gefährliche Drohung, ebenso hatte er gegen das Waffengesetz verstoßen. Seit 2004 bestand gegen ihn ein Waffenverbot. 2015 beantragte der Mann die Aufhebung des Waffenverbotes, die ihm aber verwehrt wurde.

Nachbau einer Kalaschnikow als Tatwaffe

Der Amokläufer hat laut Auskunft der Polizei mit einem Nachbau einer Zastava M92 (eine Kalaschnikow) geschossen. "Es handelt sich dabei um eine Kriegswaffe, die in Österreich verboten ist", sagte Chefinspektor Norbert Schwendinger in Bregenz. Insgesamt habe der Mann 30 Schüsse abgegeben. Nach einem "nicht gravierenden Streit" mit seiner Lebensgefährtin sei er allein mit dem Auto seines Arbeitgebers nach Hause gefahren und habe sich die Tatwaffe geholt.

Geschossen hatte er vom Parkplatz aus, zuerst im Beisein seiner Lebensgefährtin, die dann die Flucht ergriff. Die Polizei stellte am Tatort ein leeres Munitionsgehäuse sicher, das 30 Patronen fasst. Er habe im Dunkeln wahllos um sich geschossen. Laut Schwendinger flüchtete die Lebensgefährtin, meldete sich kurz darauf bei der Polizei und gab die Identität des Amokläufers bekannt. Sie sei psychisch sehr angeschlagen gewesen, konnte aber als erste einvernommen werden.

Einschlägige Blechkiste

Die beiden waren seit drei Jahren ein Paar und lebten zusammen. Trotzdem will die Frau nichts von den Waffen des Mannes gewusst haben, so Chefinspektor Norbert Schwendinger.

Bei einer Hausdurchsuchung fand die Polizei eine Gaspistole und rechtsextreme "Bücher und schriftliche Unterlagen". Außerdem habe man bei dem Mann eine zweite baugleiche Zastava gefunden. Woher der Mann die Waffen bezogen habe, wisse man nicht.

Seine Partnerin will auch nichts von der Blechkiste mit dem einschlägigen Inhalt gewusst haben. "Die war in einem unbenutzten Nebenraum der Wohnung, den sie wahrscheinlich nie betreten hat", so die Erklärung der Polizei.

Rechtsextreme Seiten auf Facebook

Unter den Facebook-Seiten und Bands, die S. mit "gefällt mir" markiert hat, findet sich fast ausschließlich Einschlägiges, darunter ein Internet-TV-Kanal, der rechte Verschwörungstheorien funkt, die Seite alpen-donau.info, jene der Identitären, die Europäische Aktion Sachsen und die Nationale Front. Auch die Bands, die der Mann mochte, haben alle einen Rechtsdrall: In Videos wird etwa über den 8. Mai 1945 als Tag gesprochen, an dem "für Europa ein dunkles Zeitalter" anbrach.

Auf Nachfragen von Journalisten, warum man den Mann nicht genauer beobachtet habe in den letzten Jahren, hieß es bei der Pressekonferenz, wenn sich jemand nicht mehr auffällig benehme, könne man nichts machen. "Trotz mehrer Verurteilungen war der Mann immer auf freiem Fuß geblieben, Haftstrafen hatte es für ihn nie gegeben."

Willi Mernyi, der Vorsitzende des Mauthausen-Komitees Österreich (MKÖ), forderte die Behörden am Montag auf, endlich zu reagieren: "Wie viele Tote brauchen wir in Österreich noch, bis endlich ein nationaler Aktionsplan gegen Rechtsextremismus in die Tat umgesetzt wird?" Die rechtsextreme Szene Vorarlbergs gilt unter Experten seit Jahrzehnten als besonders gewalttätig. (Colette M. Schmidt, 23.5.2016)