Wien/Gumpoldskirchen – In einem Zivilverfahren des Glücksspielkonzerns Novomatic gegen einen früheren Geschäftspartner sind Ungereimtheiten um die niederösterreichische, an Novomatic ergangene Automatenkonzession aus dem Jahr 2005 aufgekommen. Die ehemalige SPÖ-Landesrätin Christa Kranzl sowie die zuständige Abteilungsleiterin belasteten den Konzern als Zeuginnen, schreibt "profil". Der Konzern dementiert.

Kranzl sagte dem Bericht zufolge am 9. November 2015 vor Gericht aus, dass ihr der frühere Novomatic-Chef Franz Wohlfahrt in einem Telefonat im September 2005 "Vorteile" in Aussicht gestellt habe – unter der Voraussetzung, dass ein kurz zuvor erlassener umstrittener Bescheid des Landes Niederösterreich zur Aufstellung von bis zu 2.500 Glücksspielautomaten nicht aufgehoben werde.

Wohlfahrt habe in dem Telefongespräch gesagt, "dass er Wert darauf legt, dass so wie der Bescheid ist, so alles bleibt. Er hat gemeint, dass das für mich nicht mein Nachteil sein würde. Ich habe allerdings nichts erhalten und auch nichts genommen und auch nichts bekommen von ihm. Über Befragen, ob mir von ihm etwas in Aussicht gestellt wurde, gebe ich an, dass er wörtlich gesagt hat: 'Es möge auch nicht mein Nachteil sein'", zitiert das Nachrichtenmagazin "profil" aus dem Gerichtsprotokoll. Auf nochmalige Nachfrage des Anwalts des von Novomatic Beklagten, "ob ich diese Aussage des Dr. Wohlfahrt dahingehend verstanden habe, dass mir ein Vorteil in Aussicht gestellt wurde, gebe ich an: Ja."

Novomatic-Anwalt weist Aussagen zurück

Novomatic-Anwalt Peter Zöchbauer wies das gegenüber dem Magazin zurück. "Herr Dr. Franz Wohlfahrt hat Frau Christa Kranzl weder wörtlich noch sinngemäß einen Vorteil in Aussicht gestellt." Die Äußerung der Zeugin seien "unzutreffend".

Mit dem Bescheid war damals auch die Innenrevision des Landes Niederösterreich befasst, schreibt "profil" weiters. Die Prüfer kamen dem Bericht zufolge zum Schluss, dass die Rolle eines involvierten Sachbearbeiters, der heute selbstständiger Sachverständiger für Glücksspiel ist, zu "hinterfragen" sei.

Das Amt der Landesregierung, genauer: die Kranzl unterstellte Abteilung für Polizei- und Veranstaltungsangelegenheiten, hatte am 8. August 2005 einer Novomatic-Tochter den Betrieb von bis zu 2.500 Glücksspielautomaten im Bundesland für zehn Jahre genehmigt. Der Bescheid erging dem Bericht zufolge nur zwei Monate, nachdem der Konzern einen Antrag gestellt hatte.

In Niederösterreich gab es damals keine gesetzliche Grundlage für das sogenannte kleine Glücksspiel. Diese wurde erst 2006 geschaffen. Der Bescheid basierte noch auf dem Veranstaltungsgesetz.

Kranzl, eine Gegnerin des Automatenzockens, sowie die zuständige Abteilungsleiterin waren laut "profil" nicht informiert, weil sie damals unabhängig voneinander auf Urlaub waren.

Die Abteilungsleiterin sagte vor Gericht am 9. April 2015 als Zeugin aus, dass "ein derartiger Bescheid" vor Unterfertigung mit ihr besprochen hätte werde müssen. Das sei nicht geschehen. Sie "hätte den Bewilligungsbescheid nicht erlassen", gab sie laut "profil" zu Protokoll.

Kranzl dazu bei ihrer ersten Vernehmung dem Bericht zufolge: Es sei "offensichtlich" gewesen, dass "die Angelegenheit" vor ihr und der Abteilungsleiterin geheim gehalten werden sollte, "und man hat bewusst auf unseren Urlaub gewartet, um den Bescheid erlassen zu können."

Die Beamten erklärten ihr Vorgehen laut "profil" intern mit einem "Routinefall". Die Innenrevisoren sahen das anders: Die Rechtfertigungen der eigenen Leute seien "unglaubwürdig", der gesamte Amtsvorgang lasse "Vermutungen" offen.

Ein Sachbearbeiter wurde daraufhin versetzt, ein anderer pensioniert, so das Magazin.

Kranzl hatte laut Gerichtsprotokoll "keinen konkreten Hinweis oder Beweis für Bestechungen".

Aufhebung wegen Zustellmangels

Nachdem Kranzl und die Abteilungsleiterin von dem Bescheid erfahren hatten, verfügten sie dessen Aufhebung – mit Hinweis auf einen Zustellmangel. Novomatic rief deswegen den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) an und obsiegte. Laut Höchstgericht wurde der Bescheid rechtmäßig zugestellt.

Der Anruf des Ex-Novomatic-Chefs Wohlfahrt bei Kranzl erfolgte laut "profil" kurz vor der – letztendlich nicht erfolgreichen – Aufhebung des Bescheids. Kranzl dazu vor Gericht: "Es hat offensichtlich Informationsflüsse im Umfeld der Mitarbeiter gegeben."

In dem Zivilverfahren am Wiener Handelsgericht (HG) prozessiert Novomatic gegen den früheren Geschäftspartner Thomas Sochowsky, der umgekehrt seit Jahren im Namen von Spielsüchtigen gegen Novomatic vorgeht. (APA, 23.5.2016)