LGBTI-Demo im Zentrum von Tirana, wo eine Anlaufstelle für LGBTI-Jugendliche gefährdet ist.

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In einem so homophoben Land wie Bosnien-Herzegowina kommt es einer Revolution gleich: Der bosnische Ministerrat hat Anfang Mai den ersten Antidiskriminierungs-Aktionsplan angenommen. Zudem wurde ein Antidiskriminierungsbericht erstellt. Der Aktionsplan umfasst 32 Maßnahmen – so soll erstmals die sexuelle Orientierung von Staatsbürgern ins Antidiskriminierungsgesetz eingefügt werden. Richter, Staatsanwälte und Polizisten sollen geschult werden, und im Strafgesetz sollen Hassverbrechen – auch gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle (LGBTI) – verankert werden.

Das "Open Center" in Sarajevo, das jahrelang für den Aktionsplan lobbyierte, ist stolz. Direktor Saša Gavrić freut sich, dass nun endlich ein staatlicher Rahmen geschaffen wurde, innerhalb dessen die Themen behandelt werden. "Die Rechte von Schwulen, Lesben, bisexuellen, trans- und intersexuellen Menschen waren bisher institutionell ignoriert. Bis auf die von der EU aufgezwungenen Gesetze wie das Antidiskriminierungsgesetz gab es keine Programme oder Aktionspläne, die klare institutionelle Aktivitäten vorschreiben."

Deshalb war es bisher nur die Zivilgesellschaft, die für die Anliegen der LGBTI-Community eintrat. Doch nun würden sich auf staatlicher Ebene eine Agentur und in den beiden bosnischen Landesteilen zwei Zentren mit Geschlechtergleichstellung auseinandersetzen.

Dauermobbing in Südosteuropa

In Südosteuropa mit seinen konservativen Vorstellungen von Familie und Geschlechterrollen sind viele LGBTI einem Dauermobbing ausgesetzt. Schwule, lesbische und transsexuelle Jugendliche werden etwa in Albanien mitunter aus ihren Familien verstoßen und landen auf der Straße.

Der britische Diplomat Michael Kane setzt sich seit Jahren für diese obdachlosen Jugendlichen ein. In Tirana hat er 2014 einen Schutzraum für sie geschaffen. Die Jugendlichen können bis zu sechs Monate in der Anlaufstelle verbringen und werden psychologisch betreut. Die Einrichtung Streha ist für die Jugendlichen geradezu überlebenswichtig, allerdings ist die Finanzierung nicht mehr gesichert. Die grüne Vizepräsidentin des Europaparlaments, Ulrike Lunacek, setzte sich vergangene Woche für den Fortbestand der Einrichtung ein. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 23.5.2016)