Unter Freunden: der geschasste türkische Premier und AKP-Chef Ahmet Davutoğlu (3. von li.) mit seiner Ehefrau Sare und sein Nachfolger Binali Yıldırım mit Frau Semiha beim Sonderparteitag in Ankara.

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Ankara/Athen – Der langjährige türkische Verkehrsminister Binali Yıldırım ist am Sonntag bei einem von der Parteiführung und Staatspräsident Tayyip Erdoğan orchestrierten Sonderparteitag zum neuen Vorsitzenden der konservativ-islamischen AKP gewählt worden. Der 60-jährige Erdoğan-Vertraute erhielt 1.405 der 1.421 Delegiertenstimmen und war der einzige Kandidat. Sogleich nach der Wahl beauftragte ihn Erdoğan mit der Bildung einer neuen Regierung. Der bisherige Premier Ahmet Davutoğlu reichte formell seinen Rücktritt ein.

In seiner Abschiedsrede merkte Davutoğlu an, dass seine Entscheidung zum Rücktritt nur sechs Monate nach dem hohen Sieg bei der Parlamentswahl nicht ganz freiwillig war. Er habe es jedoch getan, um die Einheit der Partei zu wahren, sagte Davutoğlu. Der langjährige Außenminister Erdoğans hatte zunehmend Differenzen mit seinem Mentor. Vor allem in der Frage einer neuen Präsidialverfassung schien Davutoğlu zu wenig enthusiastisch. Erdoğan übt sein Amt im Rahmen einer parlamentarischen Verfassung aus. Diese schreibt auch vor, dass der Präsident sein Amt überparteilich führen soll. Die Delegierten in der Sportarena in Ankara standen auf, als Erdoğans Grußbotschaft verlesen wurde.

Kein Händeschütteln

Yıldırım nannte die neue Verfassung für Erdoğan die wichtigste Aufgabe seiner Regierung. Mit Überraschung wurde vermerkt, dass Erdoğans Schwiegersohn, Energieminister Berat Albayrak, sich im Stil konservativer Muslime weigerte, die Hand von Davutoğlus Ehefrau Sare zu schütteln. Etwas unabhängiger denkende Köpfe wie Außenminister Mevlüt Çavusoğlu kamen nicht ins neue Führungsgremium der AKP. (Markus Bernath, 22.5.2016)