Ein Stausee in Salzburg: Isolierte Lösungen sind meist teurer als grenzüberschreitende Kooperationen. Noch läuft auch in den Alpen zu wenig synchron.

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Bozen/Wien – Transalpin statt national, jeder für sich bei Energie: Das ist das gar nicht so langfristige Ziel, dem sich im Alpenraum Proponenten aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft zum Teil auch gegen den herrschenden Trend verschrieben haben.

Die Alpenregion sei wegen der massig vorhandenen Wasserkraft bevorzugt gegenüber den Flachländern, was die Erzeugung und Speicherung erneuerbarer Energien betrifft. Ein fruchtbares Miteinander über Landesgrenzen hinweg verhinderten oder erschwerten unterschiedliche Gesetzgebungen und Bestimmungen, kritisierten Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber und Franz Fischler, Präsident des Forums Alpbach, im Gespräch mit dem STANDARD.

Unter der Schirmherrschaft des Forums Alpbach fand in der Vorwoche in Bozen das Energieforum Alpenraum 2016 statt. 120 Experten diskutierten bei der zweiten Auflage des Forums nach der Auftaktveranstaltung vor zwei Jahren in München Wege zu einer gemeinsamen Alpen-Energiestrategie. Eine Arbeitsgruppe sei beauftragt, auf Basis der geführten Diskussion noch heuer einen Leitfaden vorzulegen, sagte Fischler.

Ruf nach Beibehaltung von Insellösungen

Die Forderung nach Beibehaltung von Insellösungen im Energiebereich, wie sie parallel zum Ruf nach Abschottung der Grenzen wieder öfter zu hören ist, sei gefährlich und unüberlegt. "Das macht das System sicher teurer, das zeigen alle Erfahrungen", sagte Verbund-Chef Anzengruber, der in Bozen mitdiskutiert hat. Aber auch der Klimaschutz führe sich dann ad absurdum. "In Paris hat sich die Weltgemeinschaft verpflichtet, den Temperaturanstieg auf unter zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu beschränken. Jedes Land muss sich etwas einfallen lassen. Wenn wir das hier vorhandene Potenzial nicht nutzen, wird die Zielerreichung für jeden immer teurer und schwieriger", sagte Anzengruber.

"Wenn ein Zaun auf der linken Seite höher sein muss als auf der rechten, weil bei einem Grenzkraftwerk die Gesetze zweier Länder Unterschiedliches vorschreiben, ist das ein unnötiger Ballast, der Jahre an Abstimmung kostet. Das muss man durch Synchronisation auch der Gesetze in den Griff bekommen", sagte Anzengruber. Mit aktuell 67 Speicherkraftwerken und knapp 7700 Megawatt (MW) Engpassleistung, davon 2764 MW allein vom Verbund, sei Österreich gemeinsam mit den anderen Ländern im Alpenbogen die "grüne Batterie" Europas. Der Vorteil: Alle großen Verbrauchszentren liegen um den Alpenbogen herum.

Gründung von Makroregionen

Als "äußerst hilfreich" sieht der frühere EU-Kommissar Fischler die durch Beschluss des EU-Rates möglich gewordene Gründung von Makroregionen. Der Alpenraum ist so eine. Initiativen können somit auch auf regionaler Ebene gesetzt werden. "Wir müssen nicht den ganzen französischen Staat dabeihaben, sondern beispielsweise nur die Region Rhône-Alpes. "In Paris, das voll auf Nuklearenergie setzt, ist die Interessenlage eine ganz andere", sagte Fischler. (Günther Strobl, 23.5.2016)