Norbert Hofer ist in der letzten TV-Diskussion vor der Wahl beim Thema "mein offizieller Besuch in Israel" ziemlich ins Schwimmen gekommen. Davon gleich mehr.

Grundsätzlich interessant ist aber, warum sich die jetzige FPÖ-Spitze so auffällig um Israel bemüht. Wegen der schwarz-blauen Koalition hat Israel im Jahr 2000 den Botschafter abgezogen. Kein Wunder, denn Haider hat sich mehrfach antisemitisch geäußert (allerdings mit Texten, die von Herbert Kickl stammten, der auch heute das polemische Mastermind der FPÖ ist).

Heinz-Christian Strache hat diese Linie nicht weitergeführt. Er war in den letzten Jahren zweimal in Israel, wobei er niemals offiziell eingeladen und empfangen wurde. Die Kontakte kamen halbprivat zustande (über den Wiener FPÖ-Landtagsabgeordneten David Lasar, der Mitglied der Kultusgemeinde ist) – und sie fanden vor allem mit Ultrarechten in Israel statt. Beim letzten Besuch im April hielten sich Strache und sein Tross in einer Siedlung im Jordantal (!) auf und unterstützten damit die Landnahme durch ultrarechte Kräfte im Westjordanland.

Das soll einmal ein palästinensischer Staat werden, das Gebiet wird aber auch von hunderttausenden, meist religiös motivierten israelischen Siedlern besetzt und beansprucht. Nicht wenige Beobachter glauben, dass die Besatzung nie enden und es letztlich de facto eine "Einstaaten-Lösung" wird: Israel plus die besetzten Gebiete. Die Folgen für den jüdischen Staat mit Millionen Palästinensern als Bürgern zweiter Klasse sind unabsehbar.

Strache & Co identifizieren sich also mit dieser Politik Netanjahus und der ultrarechten Siedler. Die Ratio dahinter ist die gemeinsame Abwehr des Islamismus und die Hoffnung, durch eine wohlwollend neutrale Haltung Israels auch eine Eintrittskarte in die internationale Politik zu erhalten. Dass sowohl die USA unter Obama wie auch die deutsche Kanzlerin Merkel inzwischen auf Distanz zu Netanjahu sind, ist da nicht einkalkuliert.

Auch sonst sind Unsicherheiten im Urteil deutlich. Norbert Hofer behauptet, er sei bei seinem Besuch 2014 Zeuge eines Terroranschlags auf dem Jerusalemer Tempelberg geworden. Eine Frau, mit Handgranaten und Maschinenpistole bewaffnet, sei von Sicherheitskräften erschossen worden. Die Wahrheit ist: Die Frau war nicht bewaffnet und keine arabische Terroristin, sondern ein Mitglied einer radikalen jüdischen Sekte, die den Tempelberg "befreien" möchte. Sie wurde auch nur angeschossen. Schwierig, sich in den schillernden Wahrheiten des Nahostkonflikts auszukennen.

Die FPÖ möchte von Israel (und der Wiener Kultusgemeinde) eine Unbedenklichkeitsbescheinigung in Sachen Antisemitismus. Dazu ist festzuhalten, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit sowohl Strache wie auch Hofer persönlich das Erbe des Antisemitismus, das in den deutschnationalen und NS-Wurzeln ihrer Bewegung steckt, abgelegt haben.

Ob aus echter Überzeugung oder Berechnung, ist schwer zu sagen. Es zeigt jedenfalls, dass zu einer sehr rechten Ideologie nicht unbedingt der Antisemitismus gehören muss. (Hans Rauscher, 20.5.2016)