Mit fast zwei Jahren Verspätung bringt Roche nun als dritter Pharmakonzern seine Krebs-Immuntherapie auf den Markt, sagt Michael Nawrath von der Zürcher Kantonalbank.

Foto: APA/AP/Keystone/Steffen Schmidt,

Zürich – Der Schweizer Pharmakonzern Roche darf seine erste Krebs-Immuntherapie früher als erwartet auf den Markt bringen. Die US-Arzneimittelbehörde FDA gab in der Nacht auf Donnerstag grünes Licht für das Medikament "Tecentriq". Das Mittel darf zur Behandlung von lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem Blasenkrebs bei Patienten eingesetzt werden, bei denen eine Chemotherapie nicht gewirkt hat.

Die Zulassung gilt vorläufig und erfolgte nach einer beschleunigten Begutachtung durch die Behörde. Für die häufigste Form des Blasenkarzinoms gibt es seit mehr als 30 Jahren keine neue Therapie.

Roche will mit Tecentriq auch andere Krebsarten behandeln. Bei Lungenkrebs etwa stuft die FDA das auch unter dem Namen Atezolizumab bekannte Medikament wie schon bei Blasenkrebs als Therapiedurchbruch ein. Diesen Status erhalten Arzneien, denen die Behörde das Potenzial für einen erheblichen Behandlungsfortschritt zubilligt und die daher möglichst rasch zu den Patienten gelangen sollen. Analysten trauen Tecentriq Reuters-Daten zufolge im Jahr 2020 einen Umsatz von 2,8 Milliarden Dollar zu.

Rund zwei Jahre später als geplant

Die Arznei soll das Protein PD-L1 blockieren, das der Tumor nutzt, um einen Angriff der T-Zellen des Immunsystems zu verhindern. Der Ansatz, das körpereigene Abwehrsystem so zu aktivieren, dass es Krebszellen erkennen und zerstören kann, gilt als Durchbruch in der Onkologie. Auf diesem Feld kämpfen mehrere Konzerne um die Vorherrschaft. Die Nase vorne haben auf dem Milliardenmarkt die US-Pharmariesen Bristol-Myers Squibb und Merck. Roche hat in dem Bereich neun Wirkstoffe in der klinischen Entwicklung. Insgesamt forscht der Konzern aus Basel an 20 immuntherapeutischen Wirkstoffen.

An der Börse zeigten sich die Anleger skeptisch. Die Genussscheine verloren ein Prozent und damit etwas stärker als die europäischen Gesundheitswerte. Roche bringe als dritter Konzern seine erste Krebs-Immuntherapie mit fast zwei Jahren Verspätung auf den Markt, erklärte Michael Nawrath, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). (APA, Reuters, 19.5.2016)