Unter dem kilometerdicken Eis Europas schlummert ein Ozean. Die Chancen steigen, dass in ihm auch etwas umherschwimmen könnte.

Foto: Nasa

Pasadena/Wien – Damit Leben gedeihen kann, sind – zumindest wenn man die Erde als Maßstab nimmt – einige Schlüsselkomponenten unerlässlich. Ganz oben auf der Liste steht flüssiges Wasser, das als Lösungs- und Transportmittel für die Grundelemente benötigt wird. Eine ausreichende Energiequelle ist der zweite wichtige Faktor, ohne den Leben nicht auskommt. Auf der Erde liefert diese Energie in erste Linie die Sonne. Abgesehen davon nutzen autotrophe Mikroorganismen in der Tiefsee vulkanische Hotspots, indem sie etwa Schwefelwasserstoff oxidieren.

Seit Astronomen Anfang der 1970er-Jahre mithilfe von Sonden erstmals einen näheren Blick auf Europa geworfen haben, gilt der Jupitermond als heißester Kandidat auf der Suche nach Leben im Sonnensystem jenseits der Erde. Bahnanalysen und die Vermessung seines Gravitationsfeldes haben mittlerweile die These glaubwürdig untermauert, dass sich unter seiner bis zu 170 Kilometer dicken Eiskruste tatsächlich ein Ozean aus flüssigem Wasser verbirgt. Ob allerdings die Bedingungen auf Europa geeignet sind, um ausreichend Energie für potenzielles Leben zu liefern, ist unter Astrobiologen nach wie vor Gegenstand von Diskussionen.

Alternative Energiequellen

Die ferne Sonne fällt als Energiequelle jedenfalls aus. Und auch die Existenz von vulkanischer Aktivität gilt eher als unwahrscheinlich. Bleiben also noch etwaige alternative Prozesse, die die notwendigen chemischen Komponenten in der passenden Zusammensetzung hervorbringen – und diese könnten in Form von Wasserstoff und Sauerstoff tatsächlich vorhanden sein, vermuten Nasa-Wissenschafter vom Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien.

Die Forscher um den Planetologen Steve Vance verglichen in ihrer in den "Geophysical Research Letters" veröffentlichen Studie Europas Potenzial zur Bereitstellung von Wasserstoff und Sauerstoff mit jenem der Erde und kamen zu erstaunlichen Parallelen: Tatsächlich dürfte das Verhältnis zwischen den beiden Elementen mit 1:10 ziemlich genau jenem auf der Erde entsprechen.

Als Wasserstoffquelle identifizierten die Forscher dabei chemische Interaktionen zwischen Wasser und Mineralien im felsigen Untergrund des Jupitermondes. Der Sauerstoff und andere Oxidantien dagegen dürften gleichsam von oben kommen und durch Aktivitäten in der Eiskruste in den Ozean geraten. Eine für die 2020er-Jahre geplante Europa-Mission der Nasa könnte erstmals direkte Beweise liefern, ob es dort Organismen gibt, die diese Energiequelle auch tatsächlich nutzen. (Thomas Bergmayr, 18.5.2016)