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Manch flauschiger Bär aus China birgt böse Überraschungen.

Foto: Reuters

Wien – Spielzeug hat es in sich. Gefährliche Weichmacher wie Phtalate etwa, die im Verdacht stehen, dem Hormonhaushalt zu schaden, oder krebserregendes Naphtalin, das Haut- und Atemwege reizt. Sie finden sich in Plüschtieren ebenso wie in aufblasbaren Spielfiguren und sorgen in Europa regelmäßig für großangelegte Rückrufaktionen in Industrie und Handel.

2.123-mal wurden in der EU im Vorjahr Produkte zurückgeholt – in erster Linie weil sie Risiken für die Gesundheit und die Sicherheit der Konsumenten bargen. Mit 27 Prozent waren Kinderspielwaren am häufigsten betroffen. Für die größten Probleme sorgen toxische chemische Substanzen wie etwa auch Chrom VI. Verbotene Chemie löst mittlerweile die meisten Rückrufe in Europa aus. Die Gefahr einer physischen Verletzung ist in der Statistik nur noch zweitrangig.

Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Bericht der EU-Kommission rund um das europäische Informationssystem für gefährliche Produkte Rapex. Die Zahl der Recalls ist im Jahresvergleich gesunken, liegt jedoch über den Bilanzen der Jahre vor 2009. Nicht eingerechnet sind Rückrufe von Lebensmitteln. In Österreich gab es deren im Vorjahr laut der Agentur für Ernährungssicherheit 36: Die Liste reichte von Borsten in Müsliriegeln über Glassplitter in Biokäse bis zu durchfallauslösender Salami und Schimmel im Dinkel.

17 Mal Alarm bei Non-Food

Bei Non-Food mussten die Österreicher bei der Kommission zuletzt allein 17-mal Alarm schlagen. Die Deutschen taten es mehr als 200-mal. Auch Ungarn und Spanien stachen hervor. Nach Spielwaren sind Textilien die häufigsten Rückrufkandidaten. Ein Zehntel der Fälle verbucht die Kfz-Industrie. Gut sechs Prozent entfallen auf die Schmuckbranche.

Produziert wurde die Ware mit Gefahrenpotenzial 2016 zu 62 Prozent von Betrieben in China und Hongkong. Europa deckt sich dort in großem Stil mit billiger Massenware ein. Vor allem Spielzeug, für das hierzulande hohe Sensibilität herrscht – in Österreich fällt es unters Lebensmittelrecht – wird zu rund 80 Prozent aus China importiert.

Während sich mechanische Gebrechen verhältnismäßig einfach identifizieren lassen, bereiten riskante chemische Verbindungen Kopfzerbrechen. Die Analysekosten sind hoch, Ergebnisse oft nur schwammig, die Rechtslage ist sehr komplex, so Helmuth Perz, Experte für Produktsicherheit im Sozialministerium. "Viele Behörden stoßen hier schnell an ihre Grenzen."

5.000 Unfälle

Perz hält die Produktsicherheit in der EU dennoch für hoch, in Österreich für sehr hoch. "Die Gefahr, dass uns hier was um die Ohren fliegt, ist gering." In Österreich seien Expertenschätzungen zufolge rund 5.000 von 800.000 Unfällen in Haushalt, Freizeit, Sport problematischen Produkten geschuldet. Was die EU-Statistik anbelangt, werde sie teils verzerrt: Die jeweilige Struktur der Behörden spiele ebenso herein wie der Sitz von Konzernzentralen. Ikea etwa meldet Rückrufe in Schweden an.

Sorgenkind ist der Onlinehandel, konkret der Interneteinkauf in Drittstaaten. Der Zoll an den Außengrenzen ist ein Filter, dennoch rutscht genug durch, was den Sicherheitsstandards der EU nicht entspricht. So ist es etwa ein Leichtes, in Asien Laserpointer mit bis zu 3.000 Milliwatt Leistung zu ordern. Maximal ein Milliwatt ist in Österreich aufgrund der Gefahr fürs Augenlicht erlaubt. Der Onlinehandel lasse sich nur sehr schwer überwachen, sagt Perz. Die EU-Kommission habe die Mitgliedsstaaten nun spät, aber doch aufgefordert, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der ihnen Mysteryshopping, sprich Testkäufe, auch im Internethandel ermöglicht. (Verena Kainrath, 19.5.2016)