Das Elternhaus wird den Feiernden zur Arena.


Foto: Christian Brachwitz

Wien – Die Zusammenkunft zum 80er des Großvaters ergibt in Christoph Nußbaumeders Das Wasser im Meer nicht nur das übliche Bromborium einer solchen Veranstaltung, das die – vornehmlich nach Wien – landflüchtigen Kinder und Kindeskinder in die oberösterreichische Heimat wiederkehren lässt. Sie wird auch zum Ausgangspunkt für eine veritable Familienkrise. Die Wiederkehr ist auch eine Wiederkehr der Geschichte. Und wie könnte es hierzulande anders sein: Konfrontiert wird man mit den Nachwehen des Nationalsozialismus.

Vorerst aus einer ungewohnten Perspektive: jener der Sudetendeutschen, die nach dem vorzeitigen Ablauf des 1000-jährigen Reiches 1945 aus der Tschechoslowakei vertrieben wurden. Ein solcher, im Kindesalter nach Österreich, d. h. in die Fremde, Vertriebener ist der Jubilar Stefan. "Entheimatet" nennt er sich noch heute, mehr als eine Wohnstätte ist ihm der Handlungsschauplatz nicht. Schlecht sei er hier immer behandelt worden. Zum Sterben will er heim nach Böhmen.

Vertriebene und Flüchtlinge

Die Auftragsarbeit für das Linzer Landestheater ist regional verortet, so wie die meisten von Nußbaumeders Stücken. Aber in der Konstellation lässt sich leicht austauschen, was es braucht, um sie auf andere Vertriebenensituationen und Orte anzuwenden. Die Parameter sind ja grundlegende: Verlust der Heimat, Neuanfang, Ablehnung. Eine Brücke zu aktuellen Vorgängen schlägt der Autor explizit: In die örtliche Turnhalle sind Flüchtlinge eingezogen, und der Enkel ist ein Jung-FPÖler.

Nußbaumeder nützt seine Figuren realistisch, aber zugespitzt, um politische Welten aufeinanderprallen zu lassen. In Szene setzt Regisseur Gerhard Willert das auf einer sinnhaft zur Arena reduzierten Drehbühne (Stefan Heyne): dem Familiensitz. Ein paar Vorhänge und reichlich Soundeffekte variieren und akzentuieren das Ganze. Dazu gibt es allerlei private Sticheleien, alte Lieben und Affären.

Über so pointentragenden Ausschmückungen bleiben an sich interessante Fragen – Täter? Opfer? Kann und darf man Leid vergleichen? – manchmal weniger ausgearbeitet, als sie sein könnten, um über Schlagworte oder schon bekannte Phrasenfolgen hinauszugehen. (Michael Wurmitzer, 17.5.2016)