Der Braunkopf-Kuhstärling greift schon mal zu brutalen Methoden, wenn andere Vögel seine Eier nicht annehmen.

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Finde das falsche Ei: Gelege eines Weißbauch-Phoebetyranns mit einem untergeschobenen Ei.

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Plön/Harvard – Kuckucke legen ihre Eier bekanntlich in fremde Nester, um sich die mühevolle Aufzucht zu ersparen. Manche Vögel gehen sogar noch einen Schritt weiter: Die Mafia-Hypothese liefert eine Erklärung dafür, warum manche Wirtsvögel fremde Eier nicht aus ihren Nestern entfernen. Parasitäre Vogelarten wie der Braunkopf-Kuhstärling (Molothrus ater) aus Nordamerika zerstören nämlich fremde Nester aus Rache, wenn ihre Eier nicht angenommen werden.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön und der Universität Harvard haben nun in einem mathematischen Modell untersucht, wie sich Brutschmarotzer und Wirte gegenseitig beeinflussen. Wie die Wissenschafter in "Royal Society Open Science" berichten, akzeptieren Vögel nur dann fremde Eier in ihrem Nest, wenn sie durch drohende Vergeltungsmaßnahmen förmlich dazu gezwungen werden.

Wechselnde Strategien

Wirtsvögel können unterschiedlich auf Brutschmarotzer reagieren: Einige akzeptieren fremde Eier grundsätzlich, andere sortieren sie sofort aus. Wieder andere akzeptieren fremde Eier erst, nachdem ihr Nest einmal zerstört wurde. Welches Verhalten am erfolgreichsten ist, hängt von den jeweiligen Umweltbedingungen ab und davon, wie häufig die parasitäre Art vorkommt: Gibt es viele Mafia-Parasiten, rechnet es sich für die Wirte, fremde Eier widerstandslos zu akzeptieren. Verzichten die Parasiten dagegen auf Vergeltung, sind die Wirtsvögel im Vorteil, die die fremden Eier sofort entfernen. In der Folge schwankt die Häufigkeit der Verhaltensstrategien in regelmäßigen Zyklen.

Aber nicht alle Ornithologen unterstützen die Mafia-Hypothese. Parasitäre Vögel könnten fremde Nester zum Beispiel auch zerstören, damit die Wirtsvögel ein neues Gelege produzieren müssen, in das sie dann ihre eigenen Eier zu einem möglichst günstigen Zeitpunkt legen können. In der Praxis ist dieses als "Farming" bezeichnete Verhalten nicht immer leicht von Vergeltung zu unterscheiden. Es ist deshalb noch nicht restlos geklärt, ob Vergeltung oder Farming die Duldung fremder Eier durch Wirtsvögel begünstigt.

Evolutionärer Wettlauf

Die Forscher haben nun das Zusammenspiel von Farming und Vergeltung sowie freiwillige und erzwungene Duldung in einem Computermodell analysiert. Das Ergebnis: Wirte dulden nur dann Fremdeier im eigenen Nest, wenn Parasiten sie mit einer Strategie der Vergeltung dazu zwingen. "Farming-Verhalten – also das Zerstören fremder Gelege, ohne dass die Wirte dies beeinflussen können – führt dagegen dazu, dass die Wirte fremde Eier ablehnen. Ohne Mafia-Parasiten ist es für die Wirte sinnvoller, Kuckuckseier aus dem Nest zu werfen", sagt Maria Abou Chakra, Erstautorin der Studie.

Abhängig von den vorherrschenden Umweltbedingungen schwankt die Häufigkeit der Verhaltensweisen zyklisch. Wirte und Parasiten befinden sich in einem ständigen evolutionären Wettrennen: "In solchen Wirt-Parasit-Beziehungen gibt es kein optimales Verhalten. Keiner der Beteiligten kann den anderen dauerhaft austricksen", so Studienleiter Arne Traulsen. (red, 22.5.2016)