Die Bodybuilderin Lisa Lyon wurde Anfang der 80er-Jahre zum häufigen Bildmotiv. Mapplethorpes Selbstporträts waren und sind wichtiger Teil seines Werks.

Foto: Heidi Seywald

Jetzt bist du noch vor mir berühmt geworden", hat der spätere Fotograf Robert Mapplethorpe in den 70er-Jahren in New York zu seiner damaligen Weggefährtin, der späteren Punk-Ikone Patti Smith, gesagt. So wird es von ihr im ersten Teil ihrer Autobiografie Just Kids erzählt. An seinem eigenen Ruhm hat der früh an Aids verstorbene, charismatische Künstler (1949-1989) konsequent gearbeitet.

Vor allem mit Inszenierungen des nackten männlichen Körpers, (die beim Betrachten manchmal an Schmerzgrenzen gehen) hat Mapplethorpe in den 20 Jahren seines Schaffens die Schwarzweißfotografie zur Perfektion getrieben. Mit der Klarheit seiner Kompositionen hat er einen "queeren Klassizismus" erschaffen, in dem sich seine Porträtierten zwischen sexueller Revolution und Hedonismus, gleichermaßen freizügig und mit großer Eleganz bewegen.

26 Jahre nach seinem frühen Tod ist nun der vorliegende Fotoband Die Photographien 1969-1989, der anlässlich einer Retrospektive in Los Angeles im März dieses Jahres erschienen ist, das komplexe Vermächtnis eines grenzgängerischen Künstlers, der nicht zuletzt das homosexuelle Motiv zuerst salonfähig und dann auch museumswürdig gemacht hat. Die fundierten Textbeiträge erzählen von einem Getriebenen, dessen Existenz zwischen Hell und Dunkel, Hart und Weich, zwischen Flüchtigen und Ewigen balanciert – und die 255 Abbildungen bezeugen genau das in einer Druckqualität, die dem Perfektionisten Mapplethorpe genau entspricht. (Mia Eidlhuber, Album, 18.5.2016)