Flüchtlinge in einer Wiener Notunterkunft im September 2015: eine Mietwohnung zu Marktpreisen ist für die allermeisten nicht leistbar.

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Wien / Bregenz – Die Ankunft vieler Flüchtlinge in Österreich im vergangenen Jahr hat eine Reihe bereits davor bestehender Probleme weiter vertieft. Zum Beispiel die Knappheit an leistbarem Wohnraum für Menschen mit niedrigen Einkommen. Die hohen Mietpreise vor allem in den Städten erhöhen das Obdachlosigkeitsrisiko, etwa von langzeitarbeitslosen Personen. Und sie zwingen Flüchtlinge dazu, auch nach der Asylgewährung in organisierten Quartieren zu verharren.

Dabei stünden österreichweit tausende Wohnungen leer, meinte etwa Günter Geyer, Aufsichtsratsvorsitzender der Wiener Städtischen Versicherung im Gespräch mit dem Standard. Viele private Wohnungseigentümer wären bereit, ihre Immobilie zu moderaten Preisen auf Zeit etwa für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.

Nur müsse jemand, am Besten die öffentliche Hand, diesen Wohnungsbesitzern das Organisatorische ab- und Haftungen übernehmen: "Etwa wenn die Miete nicht bezahlt wird oder nach Ende der vereinbarten Mietfrist auf dem freien Markt keine Ersatzwohnung in Aussicht ist", sagt Geyer. Solche Vermittlungsmodelle wären auch deshalb zu befürworten, "weil damit Wohnghettobildungen entgegengewirkt werden kann", betont er.

Viele kleine Initiativen

Nun sind in der Privatwohnraumvermittlung an Flüchtlinge und andere sozial schwache Personengruppen bereits Hilfsorganisationen wie Caritas und Diakonie, der Fonds Soziales Wien sowie Privatinitiativen, etwa über die Crowdfunding-Initiative www.respekt.net.at, aktiv. Die Diakonie vermittelt schon seit Jahren billig und befristet Wohnungen in Häusern, die vor der Sockelsanierung stehen, aber in denen noch keine Renovierungsarbeiten stattfinden.

Als explizites Vermietangebot an private Wohnungseigentümer in größerem Stil, wie es etwa Geyer vorschwebt, stehen derlei Projekte in Österreich jedoch erst am Anfang. Und zwar, ganz konkret, im westlichsten Bundesland, wo die Vorarlberger gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft m. b. H. (Vogewosi) im Jänner 2016 das Modell "Sicher vermieten – ein Gewinn für Vermieter und Mieter" gestartet hat.

"Gemeinnütziges Makeln"

"Im Grunde geht es dabei um gemeinnütziges Makeln", erläutert Nina Tomaselli, stellvertretende Klubobfrau der Grünen im Vorarlberger Landtag. Das Modell sei ein Pilotprojekt der Grünen und der ÖVP, die in Vorarlberg gemeinsam die Landesregierung stellen.

Für das Projekt mietet die Vogewosi Wohnungen Privater an und vermietet sie um 80 Prozent des Vorarlberger Richtwerts (derzeit 6,62 Euro pro Quadratmeter) weiter: Dieses Geld geht direkt an die Besitzer. Einzige Voraussetzung: Der Wohnraum muss ohne öffentliche Förderung errichtet worden sein. Die Mieter – Einheimische ebenso wie Flüchtlinge – werden von den Gemeinden vermittelt. Gestartet wurde mit 50 Wohnungen in Dornbirn,

Die restlichen 20 Prozent der Richtwertmiete werden von der Vogewosi für den Verwaltungsaufwand einbehalten. Dafür – so der Projektprospekt – garantiere das Land "wie bei einer Ausfallsbürgschaft", dass weder "Mietrückstände" noch "Kündigungsschutz" des Mieters entstehen.

Knackpunkt Rechtssicherheit

Letzteres ist laut dem Geschäftsführer des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (Ovi), Anton Holzapfel, für derlei Projekte ein Knackpunkt. Die Frage sei, wie den Wohnungseigentümern das Verfügungsrecht über ihr Eigentum garantiert werden könne, ohne dass für die Mieter soziale Härten entstehen: "Dabei geht es um Rechtssicherheit."

Erfolgversprechend, so Holzapfel, seien derlei Modelle außerdem nur in Regionen mit einem Überhang an nach 1945 privat errichteten Ein- oder Zweifamilienhäusern – etwa in Vorarlberg: "Im Osten des Bundesgebiets mit den vielen Altbau-Miethäusern funktioniert das kaum." (Irene Brickner, 17.5.2016)