Ab dem ersten Buchstaben, der nicht kursiv gesetzt ist, geht es um den Inhalt der vierten Folge der sechsten Staffel von "Game of Thrones". Also sagen Sie nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt.

HBO

Das große Wiedersehen, so könnte man die vierte Folge der sechsten Staffel von "Game of Thrones" auch nennen. Was haben wir da alles gesehen, ach… Jon und Sansa, Theon und Asha, Littlefinger und Robin Arryn, Jorah/Daario und Danaerys, Königin Margaery und ihr Bruder Loras Tyrell… trotz gewisser Längen ist dieses Mal viel weitergegangen in Westeros und wie immer sind mehr Fragen dazugekommen als Antworten präsentiert wurden. Aber sehen wir uns das Ganze mal in Ruhe an:

Should I go?

Jon Snow ist bekanntermaßen der erste Mensch, der eine Lücke im Nachtwachen-Arbeitsvertrag gefunden und ausgenutzt hat. Dieser gilt nämlich nur bis zum Tod. Alles, was getan werden muss, ist zu sterben und dann von einem seltsamen und nicht immer ganz nachvollziehbar handelnden Gotteswesen zum Leben wiedererweckt zu werden. Jon ist also drauf und dran, die Schwarze Festung zu verlassen. Es nagt an ihm, dass seine Brüder ihn ermordet haben. Und es nagt an ihm, dass er einige von ihnen töten musste. Er wirkt ausgelaugt und wie jemand, der einen kleinen Urlaub gebrauchen könnte – und fast zitiert er kurz vor seinem Abgang auch noch Allisar Thorn. Wohin er gehen möchte, sagt er nicht, die möglichen Zieldestinationen sind jedenfalls äußerst begrenzt.

Should I stay?

Aber all diese Pläne sind ohnehin Snow von gestern, als das Tor sich öffnet und Sansa Stark höchstselbst auf der Matte steht. Wie lange haben wir auf dieses Wiedersehen gewartet – kurz ließ man uns sogar Sorgen haben, die beiden könnten sich verpassen! Nun sind sie jedenfalls wieder vereint und sind zunächst ganz die Kinder, die sie bei ihrer Trennung waren. Nur etwas reifer sind sie aufgrund ihrer seither etwas veränderten Lebensumstände geworden und Sansa ist daher ausnahmsweise freundlich zu Jon.

Winterfell is mine, Bastard!

Dann wird es etwas durchschaubar. Sansa möchte Jon unbedingt dazu bringen, eine Streitmacht aufzustellen und Winterfell zurückzuerobern. Jon ist aber müde, sagt er. Und dann, wie könnte es anders sein, flattert plötzlich ein Brief ins Haus. Es sind Ramsey Boltons Liebesgrüße aus Winterfell. Rickon Stark hat er im Verließ, einen Schattenwolf hat er als Bettvorleger. Der maximale Affront für einem Stark/Schnee. Die angekündigte massenhafte Vergewaltigung seiner kleinen Schwester trifft Jon dann endgültig schwer und erweckt seine Kampfeslust wieder zu neuem Leben. Armee hat er jetzt aber noch immer keine. Die Wildlinge haben 2.000 Mann. Der verrückte Bolton etwa 5.000… Aber Sansa macht uns allen Hoffnung, denn die Familien des Nordens sind angeblich noch immer loyal.

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Dany hatte immer schon große Pläne und gute Fremdsprachenkenntnisse.
Foto: Macall B. Polay/HBO via AP

Jorah und Daario tun eine Reise (noch immer)

Mormont und Naharis, man konnte förmlich das große Seufzen unter den Zuschauern in aller Welt hören, als diese beiden wieder im Bild waren. Was würden Lord Friendzone und der wilde Draufgänger, Schrägstrich Profikiller, Schrägstrich Lover dieses Mal erleben? Würden sie einen weiteren Ring in der Wiese finden? Oder gar Hufspuren folgen? Es schien wie eine gute Gelegenheit, eine Klopause zu machen. Aber.

Zunächst ein kleines Detail am Rande: Daario sieht, dass Jorah die Seuche auf seinem Unterarm hat. Das wird ganz sicher nicht folgenlos bleiben. Noch ein Detail: Wenn Sie verhindern wollen, dass irgendein Reitervolk die Einstichspuren in der Leiche eines anderen Reiters entdeckt, dann schlagen Sie dem Toten einfach den Kopf mit einem großen Stein ein. Diese Dothraki sind geradezu schmerzhaft einfältig, das wird also sicher klappen.

Dany Stormborn rules! Again!

So einfältig die eingeölten Zopfträger auch sind, so genial ist die Sturmtochter Daenerys Targaryen. Nicht nur hat sie es geschafft, den Unterdrückten ihrer Welt einzureden, ihr skrupelloser und beinharter Führungsstil hätte nichts mit dem skrupellosen und beinharten Führungsstil ihrer Vorgänger zu tun. Nein, sie hat natürlich bereits einen Überplan, wie sie sich mal wieder Hunderttausende hungrige Wilde Untertan machen könnte. Zugegeben, das Wie kam etwas plötzlich und ließ einen staunend zurück, aber das war wohl das Mindeste angesichts des unerträglichen Pathos in ihren Ansprachen. "You’re not gonna serve. You’re gonna die." Diese Sätze sind pures Gold. Die Hassliebe zu Dany kann also weitergehen.

Die Littlefinger-Festspiele

Robin Arryn, der Bub scheint sowieso nur an der Macht zu sein, weil er leicht zu manipulieren ist. Dieses Mal, Onkel Petyr Baellish war nach langer Zeit zu Besuch, wurde er von ebendiesem gespielt wie ein Klavier. Schritt 1: Unterstelle dem wichtigen Gefolgsmann und Kriegsherren Lord Yohn Rois, er hätte dich und die Cousine des Lords vom Grünen Tale verraten. Schritt 2: Lass es so aussehen, als würde tatsächlich der kleine Lord Breastfeed darüber entscheiden, ob der Widersacher lebt oder stirbt. Das ist bei diesem Kind durchaus mit einem gewissen Nervenkitzel verbunden. Sein Hang zum "Fliegenlassen" ist wohl auch dem steifen Herrn Rois bekannt. Und schließlich, das Meisterstück, Schritt 3: Bringe deinen Neffen Robin dazu, den doch-nicht-fliegenden "Verräter" für deine eigenen Zwecke in die Schlacht ziehen zu lassen. Schach Matt. Das ist "Game of Thrones" mit dem Littlefinger-Gütesiegel.

Sektenstadt

Dankbar nehme ich Hinweise darauf entgegen, was gerade in King’s Landing passiert. Also, natürlich einmal abgesehen von den zeitraubenden und kräftezehrenden Ansprachen des Obersandlers und Sektenführers. Und abgesehen davon, dass Cersei und Jaime Lannister irgendetwas im Schilde führen. Niemand kann wirklich glauben, dass man die Tyrells mit diesem super Vorschlag mit der Streitmacht in der Hauptstadt nicht irgendwie in etwas ganz fürchterliches hineintheatern wollte. Oma Olenna Tyrell hat eh schon ganz skeptisch geschaut. Das nimmt kein gutes Ende. Ebenso düster sieht es für den armen Loras aus. Während Königin Margaery durchaus kämpferisch wirkt, sieht ihr ebenso eingekerkerter Bruder schwer nach Selbstmord aus. Ganz allgemein wird dieser Handlungsstrang gnadenlos unterspielt, angesichts der Tatsache, dass eine radikale Sekte die Königin gefangen hält.

Die Spannung steigt

Alles in allem war das eine unterhaltsame Folge. Jedenfalls unterhaltsamer als jene in der vergangenen Woche. Wir konnten Hoffnung schöpfen und die eine oder andere Theorie lebt weiter. Finden Sie denn nicht auch, dass der Kopf des angeblichen Schattenwolfs, den die Umbers nach Winterfell brachten, ziemlich klein wirkte? Und überhaupt, die ältesten und treuesten Vasallen der Starks machen jetzt plötzlich auf dicke Freunde mit dem Boltonbastard? Unwahrscheinlich. Außerdem: Der Norden erinnert sich!

Viel deutet darauf hin, dass es zum Staffelende hin eine gute Schlacht um Winterfell geben könnte. So einiges kommt zusammen, wovon die Charaktere noch selbst keinen Tau haben. Unter gewissen Voraussetzungen sind die Kräfte nicht so ungleich verteilt, wie es zunächst scheint. Und die Ansammlung wichtiger Leute im nördlichen Teil von Westeros, vor allem aktuell in der Schwarzen Festung, lässt viel Gutes erahnen. Natürlich vorbehaltlich der teils abrupt endenden Zukunftspläne der Mitwirkenden. So auch jene von Osha, die mit ihrem glatten Tod immerhin erneut bewies, dass Ramsey nicht nur irre, sondern auch sehr schlau ist.

Wir dürfen also auf Vieles gespannt sein. Unter anderem darauf, wie Theon es wohl schafft, seiner Schwester doch noch den Thron der Eiseninseln abzuluchsen. Und ob er das rechtzeitig schafft, um das große Wiedersehen der Starkkinder, Bastarde und Mündel nicht zu verpassen. Und dann noch die große Frage, warum Jon Snow überhaupt als Herrscher über Winterfell akzeptiert werden sollte? Er ist doch nur ein Bastard. Oder? Oder? (Žarko Janković, 16.5.2016)