Außenminister Sebastian Kurz mit Israels Premier und Außenminister Benjamin Netanjahu...

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... und mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas.

Foto: AP/Majdi Mohammed

In Yad Vashem legte Sebastian Kurz (re.) gemeinsam mit dem österreichischen Botschafter in Israel, Martin Weiss, einen Kranz nieder.

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Begegnung von Sebastian Kurz und jungen Österreichern mit Holocaust-Überlebenden im Jerusalemer Clubhaus des Zentralkomitees der Juden aus Österreich (ZKJÖ).

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Wenn Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagt, er sei "frustriert" über die EU, dann ist er wohl mehr als nur das. Jüngster Anlass ist – so hörte man am Montag aus der Delegation von Außenminister Sebastian Kurz, der sich am langen Pfingst-Wochenende aus Anlass des 60-Jahre-Jubiläums der Aufnahme bilateraler Beziehungen in Jerusalem aufhielt – die sogenannte französische Initiative: Paris propagiert einen Plan, internationale Partner an einen Tisch zu bringen, um den israelisch-palästinensischen Konflikt zu lösen.

Neben Israel und den Palästinensern sollen, so der Plan, auch Russland und die USA daran teilnehmen. Letztere tun das, wenngleich eher zögerlich. Besonders die Ankündigung Frankreichs, Palästina solle auch dann anerkannt werden, sollten die Gespräche scheitern, interpretiert man in Jerusalem als unlauteres Druckmittel.

Österreich wird übrigens, so bestätigte Kurz, bei seiner Haltung bleiben: Eine Anerkennung Palästinas gibt es nur mit einem Friedensvertrag.

Israel: Keine Konferenz, nur direkte Gespräche

Netanjahu lehnte die französische Initiative am Sonntag erneut ab. Er bleibe aber offen für direkte Gespräche, also solche allein zwischen Jerusalem und Ramallah. Diese Option hat sich aber schon seit vielen Jahren als nicht zielführend erwiesen.

Im Gespräch mit Kurz nahm Netanjahu am Montag Österreich von der Verärgerung über Europa zwar aus, doch andere Partner würden Israel als "einzigen regionalen Stabilitätsfaktor" zu wenig würdigen. Man müsse, so wurde Netanjahu in diplomatischen Kreisen zitiert, das "größere Bild" sehen, also auch die regionale Bedrohung aus Syrien und dem Irak: Der "Islamische Staat" werde weiter wachsen, wenn man ihn nicht gemeinsam militärisch bekämpfe.

Palästinenser hoffen auf Initiative

Ganz anders geartet die Reaktionen auf Seiten der Palästinenser, denen Außenminister Kurz bereits am Sonntagabend einen Besuch in Ramallah abgestattet hatte: Sowohl Palästinenserpräsident Mahmud Abbas als auch Außenminister Riyad al-Malki setzen große Erwartungen in den Pariser Plan, wie Kurz später im Gespräch mit österreichischen Journalisten bestätigte.

In beiden Gesprächen, sowohl mit Abbas als auch mit al-Malki, habe Kurz eine "Haltung der Hoffnung" feststellen können. "Die Palästinenser setzen auf die französische Initiative, weil sie damit die Hoffnung auf Anerkennung Palästinas durch mehrere Staaten verknüpfen – und zwar auch dann, wenn die Gespräche scheitern sollten." Beide hätten aber auch eingeräumt, dass eine Anerkennung ihres Staates, ohne einen Friedensvertrag zu erlangen, für das tägliche Leben der Menschen kaum einen Unterschied mache.

An die Adresse Frankreichs war in israelischen Diplomatie-Kreisen zuletzt der Vorwurf zu hören, dass eine internationale Konferenz nicht nur übermäßig Druck auf Israel ausüben würde, sondern auch durch die Ankündigung einer "automatischen" Anerkennung ein "getarnter" Weg für Paris sei, Palästina anzuerkennen, ohne diese groß innenpolitisch durchsetzen zu müssen.

"Keine Veränderung" bei Beziehungen

Auch wenn Israel mit der EU hadert: Bilateral sind die Beziehungen zwischen Jerusalem und Wien in Ordnung – und sollen es auch bleiben: Netanjahu interessierte sich im Gespräch mit dem österreichischen Außenminister am Montag auch für die Bundespräsidentenwahl am kommenden Sonntag. Kurz berichtete, der israelische Premier habe sich sehr gut informiert gezeigt und erkennen lassen, dass Israel "keine Veränderung" plane: Der Wahlausgang – wie er auch sein werde – werde das Verhältnis Israels zu Österreich ebenso wenig verändern wie jenes Israels zur FPÖ.

Kurz ergänzte: "Die österreichische Bundesregierung hat ebenfalls größtes Interesse daran, die Beziehungen so zu belassen, wie sie jetzt sind: Freundschaftlich und intensiv" – auch wenn man (Stichwort: Siedlungspolitik) in Einzelfragen unterschiedlicher Ansicht sei.

"Politik und Zukunft gestalten"

Das 60-Jahr-Jubiläum der bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Israel war bereits in Wien mit ein Anlass für einen großen diplomatischen Empfang gewesen. Offiziell hatte am vergangenen Freitag die israelische Botschaft wegen des 68. Jahrestages der Unabhängigkeit ins Palais Liechtenstein geladen – doch zentralen Raum nahm bei den Festreden auch das bilaterale Jubiläum ein. Schon damals hatte Außenminister Kurz die gemeinsame Geschichte als Auftrag interpretiert "zu lernen, wie man Politik und Zukunft gestalten kann".

Das wiederholte Kurz auch bei mehreren Anlässen während seiner Israel-Reise: So sagte er im Gespräch mit Netanjahu am Montag, die Geschichte sei auch eine Ermahnung, niemals die an den Opfern des Holocaust begangenen Verbrechen und "diese so dunkle Zeit" zu vergessen.

Jugendaustauschprogramm

Kurz und Netanjahu widmeten sich aber auch Zukunftsthemen: So wurde am Montag ein Abkommen mit dem Namen "Working Holidays Programme" (WHP) unterzeichnet. Das Jugendaustauschprogramm berechtigt junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren, während eines Urlaubsaufenthalts im jeweils anderen Land zur (Mit-)Finanzierung des Aufenthalts einer frei gewählten Beschäftigung nachzugehen.

Solche Programme gibt es seit Anfang 2015 schon mit Neuseeland, Südkorea, Taiwan und Hongkong.

Kranzniederlegungen, Begegnungen

Nach seinem Gespräch mit Netanjahu legte Kurz auf dem Grab von Theodor Herzl, dem Vordenker eines Judenstaats, einen Kranz nieder, ebenso in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, die er schon vor zwei Jahren, bei seiner ersten Israel-Reise besucht hatte.

Ein emotionaler Höhepunkt war danach das Treffen mit österreichischen Holocaust-Überlebenden in Jerusalem, viele von ihnen hoch betagt, manche weit über 90 Jahre alt.

Am Abend wurde zu einem diplomatischen Empfang im Israel Museum Justizministerin Ayelet Shaked erwartet. (Gianluca Wallisch, 16.5.2016)