Am Anfang waren sie noch freundlich zueinander: Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer. Dann ging es wie im Sturzflug bergab.

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Flugbegleiterinnen müssen auch bei Turbulenzen die Nerven behalten, freundlich und höflich sein. Fast wie Bundespräsidenten. Stellen Sie sich folgende Szene vor. Flugbegleiterin: "Möchten Sie Tee oder Kaffee?" Ein Fluggast, nennen wir ihn Herrn H.: "Sie haben aber schöne blaue Augen." Flugbegleiterin: "Danke … möchten Sie Tee oder Kaffee?" H.: "Aber so schöne blaue Augen!" Flugbegleiterin: "Könnten Sie mir sagen, ob Sie Tee oder Kaffee wollen, die anderen Passagiere warten." H.: "Ah, jetzt funkeln sie aber ganz böse, die blauen Augen:" Flugbegleiterin: "Sie wollen meine Frage nicht beantworten, gut, dann nicht." Sie schiebt ihren Getränkewagen genervt weiter.

Szenenwechsel: Im ATV-Studio hat man am Sonntag einen Raum wohltuend karg gestaltet: Vor einem weißen Vorhang bloß ein dunkler Tisch mit zwei Stühlen, wo die Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen ohne Moderation miteinander reden sollten. Kein Wettkochen, kein Hymnenraten. Reden. Wäre der Tisch noch rund und nicht eckig gewesen, die Ähnlichkeit mit dem Raum, in dem 1975 Bruno Kreisky und Josef Taus aufeinandertrafen, wäre noch größer gewesen. Doch damals wurde – durchaus auch heftig – inhaltlich gestritten. NLP (Neurolinguistisches Programmieren) war da noch in den Kinderschuhen weit weg in Kalifornien.

Erkenntnisgewinn null

Zwischen Van der Bellen und Hofer gab es kein Gespräch, das diese Bezeichnung verdient. Hier saß ein programmierter Hofer, der Fragen auswich und mit Gegenfragen, Spott und Angriffen, die nichts mit den Themen zu tun hatten, konterte. Das oft zitierte "freundliche Gesicht der FPÖ" offenbarte sich als das "grinsende Gesicht der FPÖ". Und Van der Bellen? Er schmiss nach 20 Minuten die Nerven, war seinem Gegenüber nicht gewachsen, konnte seinen metaphorischen Getränkewagen aber auch nicht einfach aus dem Studio schieben.

So nahm er am wechselseitigen Beflegeln teil. Der Erkenntnisgewinn für die Zusehenden auf der Sachebene: null. Das Format, das ATV nach 41 Jahren wieder ausprobieren wollte, war am Scheitern nicht schuld. Es hat sich auch in anderen Ländern durchaus bewährt. Man muss nur Leute einladen, die wirklich miteinander reden wollen. (Colette M. Schmidt, 16. 5. 2016)