Wien – Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) will von seiner Partei einen Kriterienkatalog für künftige Koalitionen ausarbeiten lassen. Am Samstag hat er im Ö1-"Mittagsjournal" den entsprechenden Vorschlag des Kärntner Landeshauptmannns Peter Kaiser begrüßt. Schon beim Parteitag im Juni solle festgelegt werden, unter welchen Bedingungen die SPÖ eine Koalition eingeht. Gelten soll dies nicht nur für die FPÖ, sondern für alle Parteien.

Bisher gilt in der SPÖ ein Parteitagsbeschluss, wonach es keine Zusammenarbeit mit der FPÖ geben darf. Nichtsdestotrotz gibt es bereits eine rot-blaue Koalition im Burgenland. Der dortige Landeshauptmann Hans Niessl hatte schon vor dem Rücktritt von Werner Faymann gefordert, dass alle SPÖ-Mitglieder über eine Koalition mit den Freiheitlichen abstimmen sollen.

Nach Häupls Wunsch soll in dem Katalog "ein Bekenntnis zu Österreich, zu Europa und anderen Kriterien etwa in Hinblick auf die soziale Frage" enthalten sein. Man werde also nicht mit einer Partei koalieren können, die "sämtliche soziale Maßnahmen, sämtliche Maßnahmen zur Armutsbekämpfung, sämtliche Maßnahmen, die es im Bereich der Betriebsdemokratie gibt" ablehne, sagte er in Anspielung auf die Freiheitlichen.

Fünf Punkte gefordert

Nach der Angelobung von Christian Kern als neuen Bundeskanzler brauche man keinen neuen Koalitionspakt, sagte Häupl. Er fordert SPÖ und ÖVP aber dazu auf, fünf Punkte zu definieren und diese bis zur Nationalratswahl 2018 sichtbar abzuarbeiten. Es gebe zum Beispiel eine fertig ausverhandelte Schulreform, die müsste nur umgesetzt werden.

Zu den Vorgänge rund um den Rücktritt Faymanns stellte Häupl klar, dass er von den – von Gerhard Zeiler angesprochenen – Ablöseplänen nichts gewusst habe. Er hätte diese "auch nicht geduldet", denn "für mich hat Loyalität einen Wert". Zeiler hatte berichtet, dass er mit Kern einen Deal über das Vorgehen zur Übernahme des Kanzler- und Parteichefamts hatte.

In Rücktrittspläne nicht involviert

Auch in die Rücktrittspläne Faymanns sei er nicht involviert gewesen. Dies nehme er ihm aber nicht über. "Unter diesem emotionalen Druck, dem Faymann ausgesetzt war, verstehe ich viel." Einen Auslöser für den Rücktritt sieht Häupl im Pfeifkonzert 1. Mai am Rathausplatz: "Das war ja wirklich entsetzlich."

Äußerst scharf rüffelte Häupl am Samstag Aussagen Norbert Hofers (FPÖ) zu einem allfälligen Ministeramt für Wiens Landesrätin Sonja Wehsely: "Hofers Vorgehen ist an Niedertracht nicht zu überbieten", sagte er in einer Aussendung. Angesichts der Regierungs-"Entlassungsfantasien" wirft Häupl Hofer vor, "unverblümt in Richtung Präsidialdikatatur zu marschieren".

Hofer warnte vor Wehsely

Bei einer Diskussionsveranstaltung der Bundesländer-Zeitungen und der "Presse" am Freitag hatte Skepsis gegenüber einem allfälligen Wechsel Wehselys in die Bundesregierung gezeigt. Er wäre, meinte Hofer, "sehr vorsichtig", was eine Angelobung Wehselys beträfe – zumindest so lange, bis geklärt sei, wer die Verantwortung für den "Skandal rund um islamische Kindergärten" in Wien trage. Denn er sei "nicht sicher", inwieweit Wehsely darin "verwickelt" ist. Wehselys Wechsel ist bisher nur Gegenstand von Spekulationen.

"Das Amtsverständnis Hofers ist jeden Tag aufs Neue erschreckend", sagt Häupl dazu. Der Wiener Bürgermeister sieht darin "typische FPÖ-Politik, wenn zuerst Gerüchte in die Welt gesetzt werden, um diese danach politisch zu verwerten" – und dies praktiziere Hofer "selbst als Kandidat für das höchste Amt im Staate". Wehselys Arbeit als Soziallandesrätin sei "tadellos" – aber Hofer wolle sie "anpatzen", weil sie ihm "nicht opportun erscheint". "Dieser Mann kann nicht gewählt werden! Es drohen Machtmissbrauch und instabile bis chaotische Verhältnisse." (red, APA, 14.5.2016)