Werner Hofmann, Gründungsdirektor des Museums des 20. Jahrhunderts, vor einem Bild Fernand Légers.

Foto: mumok Archiv

Viktor Matejka, erster Kulturstadtrat im Wien der Nachkriegszeit, im Hintergrund einer von ihm initiierten Porträtsitzung im Jahr 1949; sein Freund Oskar Kokoschka malt den damaligen Wiener Bürgermeister Theodor Körner.

Foto: Bilderdienst der Stadt Wien, Fotograf unbekannt © Universität für angewandte Kunst Wien, Oskar Kokoschka-Zentrum

Am Anfang der Sammlung: René Magrittes "La voix du sang" (1959).

Foto: Bildrecht Wien / mumok

Wien – Zwei völlig verschiedene Persönlichkeiten, verbunden durch die Frage des Neubeginns, präsentiert das Mumok in der Ausstellung "Wir Wegbereiter". Die Rede ist von Viktor Matejka und Werner Hofmann. Beide trugen auf ihre Weise zum Gedeih der Kunst der Nachkriegsmoderne bei; der eine, Matejka, als Stadtpolitiker, der andere vor allem als Museumsdirektor.

War Matejka (1901-1993) der Gönner und Förderer, der sich dem Menschen hinter dem Künstler und nicht der Kunst als Branche verpflichtet sah, so war Hofmann (1928-2013) leidenschaftlicher Sammler, Dokumentarist des Zeitgeschehens und Theoretiker.

Zum Mumok hat Hofmann eine besondere Beziehung: Als Direktor des 1958 als Museums des 20. Jahrhunderts gegründeten Hauses legte er die Basis für die Sammlung. Diesen Grundstock, bei dem es ihm darum ging, die internationale Moderne der Vorkriegszeit nach Wien zu holen, hat das Mumok nun für die Ausstellung hervorgeholt.

Gehängt sind die Werke auf meterhohen Gitterwänden – sie werden also "so wie im Depot" präsentiert, erklärt Kuratorin Susanne Neuburger. Das Ankaufsdatum bestimmt die Chronologie der Schau: Früh kaufte Hofmann etwa René Magrittes wichtiges Werk "La voix du sang" (1959), später etwa ein Architekturmodell des "Haus Schröder" von Gerrit Rietveld.

Bis Hofmann 1969 nach Hamburg ging, gelangen ihm immer wieder außergewöhnliche Ankäufe, wie etwa ein Guss von Hans Arps "Idol" (1961/62) oder Frantisek Kupkas "Nocturne" (1910/11), das, so die Kuratorin, als eines der ersten abstrakten Bilder überhaupt gilt. Ein Hauptankauf ist die Steinskulptur "Homme Accroupi" (1907) André Derains. 1964 stellt Hofmann das Museum auf der Biennale Venedig mit zehn Arbeiten vor. Eine Auswahl, die sehr "retro" war, sagt Neuburger und stellte diesen daher nun eine Gruppe von Werken gegenüber, die Hofmann damals auch zur Verfügung gestanden hätten.

Hunderte Zeitungsausschnitte

Viktor Matejka, neben seiner kunstfördernden politischen Praxis auch Sammler, legte vor allem Archive an. Einerseits waren das seine subjektiv gefärbten Notizen zur Zeit. Andererseits sammelte er Zeitungsausschnitte zum Kunstgeschehen der 1960er-Jahre, die das Zentrum des Matejka gewidmeten Teils von "Wir Wegbereiter" bilden. Der Systemanalytiker Gerhard Dirmoser hat auf deren Basis Diagramme angefertigt: Die legen zum Beispiel nahe, dass in den damaligen Medien kein österreichischer Künstler, sondern Pablo Picasso am öftesten Erwähnung fand.

Als erklärtem Antifaschisten war es Matejka ein persönliches Anliegen, die Katastrophe des Nationalsozialismus aufzuarbeiten und Emigranten wie Oskar Kokoschka und Arnold Schönberg nach Wien zurückzuholen. Davon erzählt die Matjeka gewidmete Installation "Vertreibung der Vernunft" von Peter Weibel.

Selbst im Konzentrationslager Dachau, wohin Matejka 1938 deportiert worden war, hielt er an der Kunst fest: Es entstanden die sogenannten Pickbücher, Collagen aus Zeitungsartikeln, die er seinen Mithäftlingen zum Geschenk machte. Er selbst betrachtete das KZ rückblickend als "Ort, an dem man sehr viel lernen kann, soweit man nicht erschlagen wird – vor allem über Menschen, Menschen, Menschen". So erzählte es Matejka dem Regisseur Wilhelm Gaube, der 1981 ein filmisches Porträt Matejkas gestaltet hat. Zu hören ist darin auch der schöne Satz: "Was Kultur heißt, hat immer mit Politik zu tun".

Den zeithistorischen Kontext seiner Amtsjahre illustriert man in der Ausstellung mit dem Kunstgeschehen der 1960er: Mit der soziale Konventionen auf den Kopf stellenden Performancekunst von Valie Export, aber auch mit Arbeiten von unter anderen Friedensreich Hundertwasser, Marcel Prachensky und Arnulf Rainer. (Anja Krämer, Spezial, 14.5.2016)