Der österreichische Innenminister Wolfgang Sobotka (links) und sein italienischer Amtskollege Angelino Alfano trafen und einigten sich am Freitag am Brenner.

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Wien/Rom – Aufatmen in Südtirol. Nachdem sämtliche italienische Politiker, Linksaktivisten sowie Rechtsparteien, Wirtschaftstreibende und lokale Händler seit Wochen und Monaten vor den Auswirkungen einer Grenzschließung auf dem Brenner warnen, hat Österreich nun eingelenkt: Kontrollen seien "bis auf weiteres obsolet", verkündete Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP)_nach einem Treffen samt Brenner-Lokalaugenschein mit seinem italienischen Amtskollegen Angelino Alfano (NCD) am Freitag.

Bei einer Pressekonferenz direkt im Brenner-Grenzgebiet erklärte Sobotka, dass der italienische "Kontrolldruck" wirke und dadurch in den vergangenen Wochen die Flüchtlingszahlen massiv zurückgegangen seien – somit müsse auch Österreich vorerst "keine weiteren Maßnahmen" für das sogenannte "Grenzmanagement" setzen.

Ob die historisch bedeutsame offene Grenze zwischen Nord- und Südtirol kontrolliert werden soll oder nicht, war zuvor wochenlang unklar – und sorgte für einige diplomatische Verstimmungen. Österreichische Politiker hatten mehrere, unterschiedliche Startzeitpunkte für ihr "Grenzmanagement" genannt, die Tiroler Polizei wollte bis zuletzt nichts von einem fixen Termin wissen, arbeitete allerdings bereits an baulichen Maßnahmen für Kontrollen. Zuletzt hieß es, man errichte die Pfeiler für eine Absperrung, hänge "den Zaun aber nicht ein".

"Fast auf null gesunken"

Zahlreiche internationale Politiker hatten den Italienern den Rücken gestärkt – Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel sowie auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kritisierten die Pläne Österreichs scharf.

Mit dem Druck, den Ex-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und später ihr Nachfolger auf Italien ausgeübt haben, waren die beiden offenbar erfolgreich: "Die Zahl der illegalen Migranten ist in den vergangenen Wochen fast auf null gesunken", erklärte Sobotka am Freitag.

Die Kontrollen in den Zügen, unter anderem durch trilaterale Streifen – also auch österreichischen und deutschen Polizisten, die auf italienischem Hoheitsgebiet Dokumente kontrollieren –, hätten dafür gesorgt, dass kaum mehr Migranten bis zum Brenner kommen. Zudem funktioniere der Datenaustausch zwischen Österreich und Italien "hervorragend".

Dennoch: Falls sich die Situation ändert, könnte sich jederzeit wieder eine Notwendigkeit für Grenzkontrollen ergeben, stellte Sobotka klar.

Die italienische Küstenwache hat am Freitag im Mittelmeer erneut mehr als 800 Flüchtlinge entdeckt, die mit Schiffen nach Sizilien und Kalabrien gebracht werden sollen. Entgegen zunächst anderslautenden Berichten sei unter ihnen nur ein einziger Syrer. Bei den anderen handle es sich um Ägypter, Somalier und Sudanesen, erklärte ein Sprecher der Internationalen Organisation für Migration. (Katharina Mittelstaedt, 13.5.2016)