Protestaktion in London gegen die Praktiken in den karibischen Steueroasen wie den British Virgin Islands.

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Schlechte Zeiten für Oligarchen und zwielichtige Geschäftsleute in Großbritannien: Die konservative Regierung plant ein Gesetz, das die Offenlegung der Besitzverhältnisse von mehr als 100.000 Häusern und Wohnungen erzwingt. Die überraschende Ankündigung durch Premier David Cameron gehörte zu den Höhepunkten der internationalen Antikorruptionskonferenz am Donnerstag in London. US-Außenminister John Kerry bezeichnete Bestechlichkeit als "globale Pandemie, die Hunger und Drogenhandel fördert. Sie zu bekämpfen ist gleichwertig mit dem Kampf gegen den Terror."

Lobbygruppen gegen Steueroasen sowie Entwicklungshilfeorganisationen verlangen seit langem mehr Transparenz in westlichen Finanzzentren. Camerons Initiative stelle "eindeutig einen Fortschritt" dar, freute sich ein Sprecher des Tax Justice Network. Die in Rede stehenden Immobilien im Wert von mehr als 120 Milliarden Pfund (153 Milliarden Euro) gehören ausländischen Firmen, deren wahre Eigentümer häufig durch kunstvolle Offshore-Konstruktionen verschleiert werden.

Steuerparadiese unter Zugzwang

Bei der Konferenz bekräftigten 33 Teilnehmerstaaten ihre Bereitschaft, die Besitzverhältnisse von Investmentfonds Ermittlungsbehörden aus anderen Ländern zugänglich zu machen. Dadurch geraten nicht wenige der in letzter Zeit durch die Panama-Papiere ins Gerede geratenen Steuerparadiese in Zugzwang, mehr Transparenz walten zu lassen. Dazu gehören britische Territorien wie die Kanalinseln Jersey und Guernsey sowie die Cayman Islands und die Britischen Jungferninseln in der Karibik; Letztere waren zur Konferenz ebenso wenig eingeladen wie Panama.

Allein auf den Jungferninseln sind mehr als eine Million Briefkastenfirmen registriert, die Anlegern und Unternehmen Anonymität garantieren. Probleme gebe es aber auch direkt vor Ort, glaubt die Organisation Transparency International (TI): Das Finanzzentrum City of London sei "ein Zufluchtsort für korruptes Geld", teilte TI-Direktor Cobus de Swardt mit.

Das Gastgeberland stand unter besonderem Druck, weil Cameron im Vorfeld der eintägigen Konferenz in einem diplomatischen Fettnapf Quartier bezogen hatte. Auf einem Empfang im Buckingham-Palast bezeichnete der Premier die Teilnehmerstaaten Afghanistan und Nigeria als "fantastisch korrupt". Die unfreundliche Äußerung basiert immerhin auf Fakten, wie der TI-Korruptionsindex beweist: Nigeria nimmt dort Platz 136 ein, Afghanistan steht an 166. Stelle von 168 Nationen. Peinlich für Cameron war aber, dass die Präsidenten beider Länder zu den lediglich drei Regierungschefs zählten, die der Einladung nach London Folge leisteten.

Hilfe statt Entschuldigung

Der afghanische Präsident Ashraf Ghani sprach am Donnerstag von der Notwendigkeit, ein Problem zur Kenntnis zu nehmen, um es bekämpfen zu können. Tatsächlich gehöre sein Land zu "den korruptesten der Welt". Deshalb brauche er auch keine Entschuldigung von Cameron, sondern Hilfe.

Ähnlich argumentierte Nigerias Premier Muhammadu Buhari. Seiner Erfahrung nach dauere aber die Rückführung schmutzigen Geldes aus Industrienationen wie den USA oder Großbritannien viel zu lang. Nigeria will sich wie die Niederlande der britischen Initiative eines öffentlichen Firmenregisters anschließen. Hingegen halten sich die Regime Chinas und Russlands von den Initiativen fern. (Sebastian Borger aus London, 13.5.2016)