Beim SPÖ-Duo Franz Vranitzky und Fred Sinowatz war klar, wer das Sagen hatte, ...

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... in der SPD von Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder nicht: Lustig ging es nur beim Bier zu, sonst war Machtkampf angesagt.

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Es kann nur einen geben: So war es in der SPÖ fast immer, und so ist es auch diesmal. Christian Kern wird gleichzeitig Kanzler und Parteichef, also alle Macht in eine Hand nehmen.

Doch warum ist diese Kumulation quasi Gesetz? Schließlich gibt es auch Argumente für eine Ämtertrennung. Beide Aufgaben seien derartige "Großbaustellen", dass es zur Bewältigung zwei Personen brauche, argumentiert der Europaabgeordnete Josef Weidenholzer. Außerdem, so ein anderes Argument, verspreche eine Trennung beiden Seiten mehr Spielraum: Der Kanzler könne "mutige" Reformen durchziehen, während der Parteichef die Genossen mit pointierten Positionierungen bei Laune halten solle.

Good-Cop-Bad-Cop-Strategie

Die Good-Cop-Bad-Cop-Strategie habe in der Realität allerdings einen Haken, warnt der Politologe Anton Pelinka: Zwischen zwei Alphatieren, die sich die Führung teilen sollen, entstehe unweigerlich eine Konkurrenzsituation – der Konflikt sei vorprogrammiert.

Funktionieren könne der Doppelpass nur in besonderen Konstellationen, wenn sich einer der Akteure mit der Nebenrolle begnügt, sagt Pelinka. So war das bei den beiden Fallbeispielen in der SPÖ. Nachdem er das Kanzleramt im Juni 1986 an Franz Vranitzky abgegeben hatte, blieb Fred Sinowatz noch fast zwei Jahre lang Parteichef, ehe der als "Nadelstreifsozialist" abgestempelte Vranitzky bei den Genossen etabliert war. Doch dass Letzterer das Sagen hatte, stand von Anfang an fest.

Umgekehrt war es im Sommer 2008, als Werner Faymann den Parteivorsitz übernahm. Vorgänger Alfred Gusenbauer durfte noch ein paar Monate lang Kanzler bleiben; doch auch ohne die in der Folge von der ÖVP losgetretene Neuwahl musste ihm klar gewesen sein, dass er im Regierungsamt nur noch Platzhalter war.

Schröders Machtkampf mit Lafontaine

Mehr als nur eine Übergangslösung war Willy Brandt, der nach seinem Rücktritt als Kanzler 1974 bis 1987 Parteichef blieb, zumal der neue Regierungschef Helmut Schmidt in der SPD mäßig geliebt wurde. Doch als Erfolgsnachweis tauge dieser Fall nicht, sagt Pelinka: Schließlich habe Schmidts Entfremdung von der eigenen Partei in den Bruch seiner sozialliberalen Regierung und in eine lange CDU-Dominanz gemündet.

Ein Musterbeispiel von einem Machtkampf lieferte sich die Doppelspitze der SPD Ende der Neunzigerjahre, obwohl die Konstellation dem theoretischen Ideal nahekam. Doch der pragmatische "Reform"-Kanzler Gerhard Schröder und der linke Parteichef Oskar Lafontaine (der auch Finanzminister war) hielten es gerade viereinhalb Monate miteinander aus. (Gerald John, 13.5.2016)