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Ob Pflanzen, die aus konventionellen Züchtungsmethoden hervorgehen, patentiert werden dürfen, darüber tobt schon Längerem ein Streit.

Foto: Dean Fosdick/AP

München – Umweltorganisationen haben am Donnerstag eine Rekordzahl von Einsprüchen gegen ein Tomatenpatent beim Europäischen Patentamt (EPA) in München eingereicht. Rund 65.000 Menschen aus 59 Ländern widersprachen dem Patent, wie das Bündnis "Keine Patente auf Saatgut" mitteilte.

"Das ist eine in dieser Größenordnung noch nie da gewesene Aktion", sagt Iga Niznik von der Organisation Arche Noah. "Die Unterstützung dieses Einspruchs stellt auch ein deutliches Signal an die Politik dar, damit diese deutlich entschiedener als bisher gegen Patente auf Pflanzen und Tiere vorgeht." Gegner kämpfen seit Jahren gegen Patente auf konventionell gezüchtete Tomaten, Sojapflanzen oder Paprika.

Umstrittenes Patentrecht

Das 2015 erteilte Patent EP 1515600 soll Tomaten mit einem hohen Gehalt an Flavonolen schützen, die als gesundheitsfördernd gelten. Es erstreckt sich auf die Pflanzen, das Saatgut und die Früchte. Die Erfindung bestehe nur darin, Tomaten aus ihrer Ursprungsregion in Peru mit handelsüblichen Sorten gekreuzt zu haben, kritisieren die Gegner.

Nach europäischem Patentrecht dürfen konventionelle Züchtungsverfahren nicht patentiert werden. Die Große Beschwerdekammer als letzte EPA-Instanz hatte aber für eine andere, extrem wasserarme Tomate sowie einen Brokkoli grundsätzlich entschieden, dass Ansprüche auf Züchtungsverfahren nicht geschützt werden können, wohl aber auf Pflanzen, die daraus hervorgehen. Die Schrumpeltomate soll zur Herstellung von Ketchup dienen.

Laut EPA gibt es derzeit 81 Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen. Die Gegner sprechen von 180. Zahlreiche Verfahren werden derzeit abgearbeitet. Sie waren teils auf Eis gelegt worden, um die Grundsatzentscheidung zu Schrumpeltomate und Brokkoli abzuwarten.

Klug für Neuregelung

Österreich wird sich im EPA-Patentrechtsausschuss am Donnerstag in München klar gegen die Patentierbarkeit von Pflanzen und Tieren aussprechen. Das kündigte Infrastrukturminister Gerald Klug (SPÖ) im Vorfeld des Ausschusses an. "Wir brauchen klare Regeln gegen Patente auf Leben, wie sie schon jetzt in Österreich gelten", sagte der Minister am Donnerstag.

Er forderte eine Überarbeitung der entsprechenden praktischen und gesetzlichen Grundlagen. Der Infrastrukturminister wird dem Ministerrat kommende Woche zudem eine Gesetzesnovelle vorlegen, mit der die Ausschlussbestimmungen für Biopatente in Österreich nochmals erweitert werden. Damit werden nicht nur biologische Züchtungsverfahren von der Patentierung ausgeschlossen, sondern auch Pflanzen und Tiere, die durch solche Verfahren gewonnen werden.

Die Niederlande haben das Thema im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft aufgegriffen und veranstalten am 18. Mai ein Symposium zur Patentierbarkeit von Pflanzen und Tieren. "Wir werden auch diese Gelegenheit nutzen, um unsere Position in der EU einzubringen und gemeinsam mit anderen kritischen Staaten Druck für eine Neuregelung aufzubauen", erklärte Klug abschließend. (APA, 12.5.2016)