Bekommt trotz Bildungsreform nichts Neues zu hören: Rechnungshofpräsident Josef Moser hat also ein Best-of-Kritik aus 60 Prüfungen im Bildungsbereich zusammengestellt.

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Wien – Als "nicht zukunftsfit" erachtet der Rechnungshof (RH) das derzeitige System der Schulverwaltung. Daran würden weder die bereits gesetzten noch die im Zuge der Bildungsreform-Arbeitsgruppe angedachten Maßnahmen etwas ändern, erklärte RH-Präsident Josef Moser bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Das liege aber nicht an fehlendem Geld – vielmehr werde dieses falsch eingesetzt.

In einem neuen Bildungspositionspapier, einer Art Best-of-Zusammenstellung von 60 Prüfungen im Bildungsbereich seit 2004, listet der RH zahlreiche Problembereiche auf – von Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung über die verschiedenen Dienstrechte bis zu Personalsteuerung, Controlling und Schulaufsicht. Als Grundproblem in vielen Belangen sieht Moser die "Zersplitterung des Systems mit vielen Playern".

Ineffizienter Einsatz von Ressourcen

Insgesamt sei der Bildung kein Geld entzogen worden, betonte Moser – im Gegenteil: Bei sinkenden Schülerzahlen seien im Zeitraum von 2010 bis 2015 die Auszahlungen für den Bereich Unterricht um 16 Prozent gestiegen. Nur: "Wenn wir nicht in der Lage sind, Strukturen zu vereinfachen und Kompetenzen zu bereinigen, dann kommt das Geld nicht bei den Schülern an." Derzeit gebe man nur Ressourcen dazu, ohne die Rahmenbedingungen für deren effizienten Einsatz zu schaffen.

Als Beispiel nannte Moser die statistisch gute Betreuungsrelation: Einerseits würden in Österreich relativ wenige Schüler auf einen Lehrer kommen und letztere eine geringe Unterrichtsverpflichtung haben. Gleichzeitig müssten die Pädagogen aber viele Administrativtätigkeiten erledigen – auch bedingt durch die Kompetenzverteilung: An Pflichtschulen müssen etwa die Gemeinden eine Schulsekretärin finanzieren, während die Lehrer im Endeffekt vom Bund bezahlt werden. "Daher sagt der Schulerhalter, der Lehrer soll die Verwaltung machen."

Neue Reform, alte Verantwortlichkeiten

Das "Kernproblem Kompetenzzersplitterung" wird laut Moser aber auch bei der Bildungsreform nicht angegangen. Vielmehr sollen auch künftig Bund, Länder und Gemeinden an der Schulverwaltung beteiligt sein. Bestes Beispiel seien die geplanten Bildungsdirektionen, die den derzeitigen Zustand nur weiterführten: "Das ist eine Fortschreibung des Modells Stadtschulrat für Wien oder Landesschulrat Oberösterreich, nur schreibt man eben Bildungsdirektion darüber. Aber man ist nicht in der Lage, klare Verantwortlichkeiten festzulegen."

Weitere Beispiele: Stellenpläne für die Landeslehrer würden mehrmals zwischen Bund und Ländern hin- und hergeschickt. "Aber wenn man sich nicht daran hält, zahlt am Ende der Bund die Zeche", so Moser. Allein zwischen 2010 und 2013 hätte der Bund rund 120 Millionen Euro zugezahlt, weil die Länder sich nicht an die Stellenpläne gehalten hätten.

Auch das System der Werteinheiten an den Bundesschulen (AHS, BMHS) gehöre überdacht, betonte Moser. Dieses lege etwa fest, dass Deutsch-Lehrer pro Woche 17,14 Stunden unterrichten müssten – Folge: Diese müssten für 18 Stunden angestellt werden, um eine volle Lehrverpflichtung zu haben, die Differenz wird als Überstunde ausbezahlt. Insgesamt würden pro Jahr mehr als 5.200 Vollzeit-Stellen durch Dauermehrdienstleistungen abgedeckt.

Ruf nach Expertenrat

Der Initiator des Bildungsvolksbegehrens, Hannes Androsch, plädierte aufgrund des Stillstands in Sachen Schulreform dafür, nicht Politiker miteinander verhandeln zu lassen. "Da ist bisher nichts herausgekommen." Stattdessen sollten Experten Lösungsvorschläge erarbeiten und am Schluss zwei Optionen auf den Tisch legen. "Und daraus sollen sich die Amtsträger für eine entscheiden." (APA, 11.5.2016)