"Bundestrojaner" wurde 2007 zum Wort des Jahres gekürt. Der Ausdruck verweise in "knapper Form und zugleich auf pointierte Weise auf aktuelle Entwicklungen", die "höchst umstritten" seien, so das Urteil der Jury.

Sum

Nein, die Überwachungssoftware sei kein Bundestrojaner, da man für deren Installation "nicht von außen in Computersysteme eindringen wird", unterstrich Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) bei der Präsentation eines Updates der Strafprozessordnung. Dieses soll Fahndern ermöglichen, verschlüsselte Kommunikation über PCs, Handys, Tablets oder auch Spielekonsolen offiziell zu überwachen. Die Software soll laut Brandstetter direkt, etwa im Zuge einer Hausdurchsuchung, auf den Geräten installiert werden. Im Gesetzesvorschlag ist von dieser Einschränkung allerdings nichts zu lesen, kritisiert der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer Stellungnahme, die dem WebStandard vorliegt.

Darin heißt es: "Sollte der Gesetzgeber eine sogenannte Remote-Installation tatsächlich ausschließen wollen, wäre der Gesetzestext zu präzisieren." Der OGH rät auch dazu, diese mögliche Einschränkung zu überdenken, da so die "praktische Durchführbarkeit der kriminalpolitisch als notwendig empfundenen Maßnahme – insbesondere was den Zugriff auf Smartphones betrifft – zu weitgehend reduziert würde."

Staatsanwaltschaften Linz und Graz geben sich als Hardliner

Die Stellungnahme ist Wasser auf die Mühlen der Staatsanwaltschaften Graz und Linz, die es für richtig und notwendig halten, Bundestrojaner auch von extern auf Geräten von Verdächtigen installieren zu können.

Anwenden will man die Ermittlungsmaßnahme unter strengen Voraussetzungen bei Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren bedroht sind, zum Beispiel bei Mord, oder beim Verdacht, es handle sich um eine terroristischen Vereinigung. Bisher kam derartige staatliche Überwachungssoftware ohne gesetzlichen Rahmen zum Einsatz. Die Gesetzesnovelle soll noch im Mai beschlossen werden und 2017 in Kraft treten. Der OGH sieht in dem Entwurf keine "unverhältnismäßigen Eingriffe in Grundrechte".

Kritik

Kritik am Bundestrojaner kommt von den Netzaktivisten von AK-Vorrat und den Grünen. Sie befürchten einen Missbrauch des Ermittlungstools. Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser verwies darauf, dass unter ähnlichen Vorzeichen auch gegen Tierschützer, "Väterrechtler" sowie "Uni-Brennt"- und Akademikerball-Aktivisten ermittelt wurde. "Jedenfalls reden wir hier nicht nur über internationalen Terrorismus", warnt Steinhauser. Er fordert die Regierung auf, stattdessen die Zusammenarbeit europäischer Geheimdienste sowie die Analyse vorhandener Daten zu intensivieren.

Praxis wirft Fragen auf

Wie der Bundestrojaner in der Praxis eingesetzt werden soll, wirft Fragen auf. Etwa ob Verdächtige ihre Handys überhaupt lange genug aus ihren Augen lassen werden. Auch technisch stehen den Ermittlern Herausforderungen bevor, da aktuelle Handy- und Desktop-Betriebssysteme mit durchaus starken Schutzmechanismen ausgestattet sind. (Markus Sulzbacher, 11.5.2016)