Sabrina Brauneis fand heraus, dass Frauen Werbebotschaften eher glauben als Männer.

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Hätte sie die Wahl gehabt, wäre Sabrina Brauneis lieber gewesen, ihre Forschung hätte ein ganz anderes Resultat hervorgebracht. Als ihr die Ergebnisse ihrer Erhebung zum Themenkomplex Körpergewicht, Selbstwert und Skepsis gegenüber Werbebotschaften vorlagen, "war ich zwar nicht überrascht, habe aber gehofft, dass unsere Hypothesen letztlich nicht zutreffen", so die studierte Betriebswirtin und Psychologin. Das zumindest für die Hälfte der Bevölkerung wenig schmeichelhafte Befragungsergebnis: Frauen sind generell weniger skeptisch gegenüber Werbung als Männer, insbesondere übergewichtige Frauen lassen sich leicht von Werbebotschaften beeinflussen.

Aber kann man das so generalisieren? Spielen da nicht Faktoren wie Bildung oder Alter eine zentrale Rolle? "Natürlich", stimmt die 28-jährige Forscherin zu. "Deshalb habe ich auch einen Quotenplan nach den klassischen Bildungskategorien, Alter, Geschlecht und Gewichtsklassen erstellt, bevor wir 500 Kärntner und Kärntnerinnen – die Hälfte davon übergewichtig – befragt haben."

So ließen die Ergebnisse, die Brauneis in ihrer Dissertation publiziert hat, auch einen deutlichen Zusammenhang zwischen niedrigem Bildungsniveau, Übergewicht, geringem Selbstwert und einem Mangel an kritischer Distanz zu Werbebotschaften erkennen. So zeigte das Analyseverfahren, das Brauneis wählte, dass der Einfluss des Körpergewichts und des Bildungsgrades auf die Skepsis gegenüber Werbung sehr hoch ist. "Dennoch gab es selbst unter sehr gut gebildeten Frauen einige, die der Werbung gegenüber eher unkritisch sind", sagt Brauneis.

"Im Vergleich zu den Frauen waren die Männer unabhängig von Bildung und Alter in Hinblick auf Werbebotschaften durchgehend skeptischer", lautet ein weiteres Ergebnis. Doch wie erklärt sich die am Institut für Marketing und Internationales Management der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt beheimatete Forscherin, dass Frauen offenbar leichter durch Werbung manipulierbar sind als Männer? "Das Aussehen ist für Frauen nach wie vor wichtiger als für Männer – und die Werbung transportiert das weibliche Idealbild, dem es zu entsprechen gilt." Das wird für normale Frauen aber immer schwieriger, je ernster sie die von Magermodels vorgebrachte Botschaft vom gesunden und kalorienarmen Riegel nehmen. Und selbst wenn die Vernunft weiß, woher der Wind weht – die Verdrängungsenergie der Gier ist gewaltig. "In gewissen Situationen schaltet sich halt unser Stammhirn ein – auch wenn wir das nicht gerne hören", sagt Brauneis.

Angesichts der steigenden Zahlen fettleibiger Menschen und der damit verbundenen Gesundheitsfolgen meint sie: "Die Studie zeigt, dass gerade übergewichtige Frauen sehr verletzlich sind und geschützt werden sollten." Dringend nötig sei deshalb Bewusstseinsbildung – etwa in Form von Warnhinweisen auf besonders "gefährlichen" Produkten.

Die Erforschung der unbewussten Kanäle zwischen Ernährung, Selbstwert und Kritikfähigkeit hat Brauneis schon nach Neuseeland und in die USA geführt. "Im Zuge meines BWL-Studiums habe ich ein Semester in Oklahoma verbracht und auch eine Umfrage zum Ernährungsverhalten durchgeführt", so die psychologisch geschulte Marketingexpertin. "Dort ist die Situation noch viel drastischer als bei uns." (grido, 16.5.2016)