Als konkreten außenpolitischen Fehler seiner Amtszeit bezeichnete Bundespräsident Heinz Fischer den Abzug der österreichischen Uno-Soldaten von den Golanhöhen im Jahr 2013. Er habe diese Entscheidung der Regierung damals nicht verhindert, was er sich ankreide, sagte Fischer am Dienstagvormittag bei einer Veranstaltung in der Wiener Hofburg, bei der er zum Thema "Bundespräsident und Außenpolitik" sprach.

Fischer zog dabei Bilanz über seine zwölfjährige Amtszeit, in der er 191 Auslandsreisen absolvierte und 192 Staatsoberhäupter in Wien empfing. Auf seinen Reisen habe er die Erfahrung gemacht, dass "Rausschreien" und Einfordern von Menschenrechten oft kontraproduktiver sei als das leise Ansprechen heikler Themen hinter verschlossenen Türen. Fischer, der während seiner Präsidentschaft konsequent auf die Aufrechterhaltung von Dialog und Gesprächsbereitschaft baute, wurde beispielsweise dafür kritisiert, Russlands Präsidenten Wladimir Putin kurz nach der russischen Annexion der Krim-Halbinsel nach Österreich eingeladen zu haben. Gespräche mit Russland seien "besser als keine Gespräche mit Russland".

Besorgt über Israels Siedlungspolitik

Besorgt zeigte sich Fischer über die Siedlungstätigkeit Israels in den palästinensischen Gebieten. Diese habe mittlerweile ein Ausmaß erreicht, das kaum rückgängig zu machen sei. Israel könne sich aber Sympathien erwerben, wenn es mit den Palästinensern einen "fairen Frieden" schließen würde. "Wir sind heute aber von einem Frieden in Nahost weiter entfernt als vor fünf Jahren."

Fischer wurde auch auf die EU-Perspektiven der Türkei angesprochen. Dazu meinte der Bundespräsident, Verhandlungen seien wichtig, weil allein diese "schon etwas in Bewegung bringen" könnten. Während der Amtszeit des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan habe sich die Türkei aber in eine Richtung entwickelt, "die mir nicht gefällt und die ich partiell für gefährlich halte". Daher sei die Türkei derzeit nicht reif für einen EU-Beitritt. Dennoch solle man sich nicht vorschnell "in eine oder andere Richtung" festlegen.

Warnung vor Nationalismus

Fischer verlangte in Anspielung auf Heinz-Christian Straches Forderung nach einer Wiedervereinigung Südtirols mit Österreich mehr Sensibilität in dieser Frage. Alle Vereinbarungen mit Italien würden von Österreich eingehalten, so Fischer. Das Gleiche gelte für Italien. Auch FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer hatte sich im Februar 2015 in einer Rede in Meran für eine Wiedereingliederung starkgemacht.

Fischer warnte zugleich vor zunehmendem Nationalismus, der ein "großes Hindernis für das friedliche Zusammenleben von Menschen und Völkern" sei. Das Bekenntnis zu Europa sei mit dem Bekenntnis zu Österreich vereinbar. Er bezeichnete es als "unverzeihlichen Fehler", würde man die Bündelung der europäischen Kräfte aus den Augen verlieren oder sogar "zulassen, dass das Rad der Geschichte wieder zurückgedreht wird".

Die Flüchtlingskrise sei herausfordernd, die europäische Solidarität erweise sich als "teilweise nicht sehr belastbar". Und natürlich könne Österreich nicht allen helfen. Schämen müsse man sich aber besonders "für den Versuch, aus der Not von Menschen politisches Kapital zu schlagen".

Vertreter Österreichs

In Anspielung an Aussagen Norbert Hofers stellte Fischer klar, dass der Bundeskanzler als "Vorsitzender des Ministerrats" und nicht der Bundespräsident der "logische Vertreter" Österreichs im Europäischen Rat sei. Man habe sich das mit dem Beitritt zur EU 1995 gut überlegt. Der Vertreter Österreichs müsse schließlich dem Nationalrat gegenüber verantwortlich und auskunftspflichtig sein. Überlegungen, "die auf diese Rechtslage nicht Bedacht nehmen", müssten "als wenig überlegt bezeichnet werden".

Das Ansehen Österreichs international aufrechtzuerhalten und an friedlichen Beziehungen zu anderen Staaten zu arbeiten, sieht Fischer als zentrale Zielvorgaben für den Bundespräsidenten. Sein Wunsch sei, dass diese Ziele auch in Zukunft "umsichtig" verfolgt werden. (red, mhe, 10.5.2016)