Bild nicht mehr verfügbar.

Für das Todesopfer wurden Blumen niedergelegt.

Foto: REUTERS/Michaela Rehle

Bild nicht mehr verfügbar.

Spurensicherung auf dem Bahnhof in Grafing.

Foto: AP/Schrader

München – Der mutmaßliche Täter von Grafing bei München hat sich nur zwei Tage vor der Tat in einer Klinik stationär behandeln lassen. Das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) bestätigte am Mittwoch Medienberichte, wonach der 27-Jährige auf Anraten seiner Großeltern wegen seelischer Probleme einen Tag in einem Krankenhaus in Gießen zubrachte.

Doch schon Montag früh habe er die Klinik wieder verlassen. Nach Informationen der "tz" hatten die Großeltern erfolglos versucht, dass ihr Enkel behördlich in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wird.

Der 27-Jährige wurde am Mittwochnachmittag dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Der Ermittlungsrichter ordnete am Mittwoch keine Untersuchungshaft, sondern die einstweilige Unterbringung in der geschlossenen Abteilung einer Nervenklinik an.Zur Begründung teilte das Bayerische Landeskriminalamt mit, dass der 27-Jährige nach Begutachtung eines medizinischen Sachverständigen an einer psychischen Erkrankung leide. Der Mann hatte am Dienstagmorgen am Bahnhof in Grafing einen 56 Jahre alten Fahrgast vor Zeugen erstochen und anschließend drei weitere Männer durch Messerstiche teils lebensgefährlich verletzt.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte am Dienstag, dass der Festgenommene offenbar psychische Probleme habe und auch drogenabhängig sei. Am selben Tag gab die Polizei eine Pressekonferenz. Demnach gibt es keine Hinweise auf eine Radikalisierung. Es konnte aber noch kein Motiv ermittelt werden. Der Verhaftete konnte laut Polizei noch keine schlüssigen Aussagen machen. Es habe zudem nicht viele Zeugen gegeben, die die Tat beobachtet haben. Es gibt jedoch eine Aussage, wonach der Mann bei seiner Tat "Allahu-Akbar" (Allah ist groß) gerufen haben soll.

Vor zwei Tagen Polizei aufgefallen

Vor zwei Tagen sei die Polizei bereits einmal auf den 27-Jährigen aufmerksam geworden, da er sich "wirr" verhalten habe. Es wurde jedoch keine Gefahr für eine Selbst- oder Fremdverschuldung festgestellt, aber eine ärztliche Behandlung empfohlen, hieß es im Rahmen der Pressekonferenz.

Innenminister Herrmann bestätigte, dass es sich bei dem Täter um einen Deutschen aus Hessen handle. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen stammt der Mann aus Gießen. Hinweise auf einen Migrationshintergrund gibt es nach den Worten Herrmanns nicht.

Tat bei Vernehmung gestanden

Der 27-Jährige hat die Tat laut Herrmann bei seiner Vernehmung gestanden. Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere sprach von einer "abscheulichen, feigen Messerattacke". Er fügte hinzu: "Das Motiv dieser Tat ist noch nicht abschließend geklärt."

Der Angreifer war laut Bayerischem Landeskriminalamt (LKA) kurz vor 5.00 Uhr in die erste an dem Tag nach München fahrende S4 gestiegen und hatte dort auf einen 56 Jahre alten Fahrgast eingestochen. Tatwaffe soll ein "Survival Messer" gewesen sein.

Danach ging er zurück auf den Bahnsteig und attackierte dort einen weiteren Mann mit der Waffe. Anschließend stach er auf dem Bahnhofsvorplatz auf zwei Radfahrer ein. Wenig später wurde der Mann, der barfuß war, festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Mordes und Mordversuchs gegen den mutmaßlichen Täter.

Ein Opfer schwebt noch in Lebensgefahr

Der 56-Jährige aus dem nahen Wasserburg am Inn erlag kurz nach der Tat in einem Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Die drei anderen Männer aus Grafing im Alter von 58, 43 und 55 Jahren wurden verletzt. Einer von ihnen schwebt nach LKA-Angaben in Lebensgefahr.

Videomaterial wird ausgewertet

Möglicherweise existiert von dem Amoklauf eine Videoaufzeichnung. Die Deutsche Bahn (DB) hat den Sicherheitsbehörden Videomaterial aus dem S-Bahn-Zug und vom Bahnhof übergeben. Demnach gelang es dem Triebfahrzeugführer der S-Bahn und einem Sicherheitsmann, den Angreifer unmittelbar nach der Tat zu vertreiben. Der Mitarbeiter führte die Polizei auch zu dem Versteck, wo sich der 27 Jahre alte Täter verborgen hielt.

Bahn-Vorstandschef Rüdiger Grube sprach wenig später von "Mitarbeitern, die beherzt eingegriffen haben und den Täter von weiteren Angriffen abgehalten haben", wie die Bahn in Berlin mitteilte. "Wir sind bestürzt und betroffen über die Gewaltattacke im Bahnhof Grafing", sagte Grube. "Den Angehörigen der Opfer und den Verletzten des Angriffs gehört unser tiefes Mitgefühl."

Regionaldrehkreuz

Der Bahnhof Grafing ist ein wichtiges Regionaldrehkreuz im Osten Münchens. Von hier aus fahren Tag für Tag Tausende Pendler per S-Bahn in die bayerische Landeshauptstadt. Zudem ist Grafing-Bahnhof Station der Meridian-Züge der Bayerischen Oberlandbahn (BOB), die zwischen München und Salzburg beziehungsweise Kufstein verkehren. (APA, dpa, Reuters, red, 10.5.2016)