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Foto: Reuters/Foeger

Werner Faymann hat doch eingesehen, dass er den Rückhalt in der Partei verloren hat. Das war konsequent – aber erst nach 18 Wahlniederlagen. Wer sich bei der Mai-Kundgebung ausbuhen und von Gewerkschaftsfunktionären öffentlich zurufen lassen muss: "Bitte, Werner, lass los!", kann weder in der Partei noch als Regierungschef weiter mit Gewicht auftreten. Faymann wäre, wenn er seinen Rückzug bis Herbst hinausgezögert hätte, zu einer "lame duck" geworden. Er wäre als Kanzler mit Ablaufdatum auch international nicht mehr ernst genommen worden.

Mit dem Rücktritt Faymanns sind die Probleme der SPÖ aber nicht gelöst. Faymann, dessen Ära durch einen politischen Zickzackkurs gekennzeichnet ist, hinterlässt eine gespaltene und zutiefst verunsicherte Partei. Die von Faymann forcierte enge Zusammenarbeit mit dem Boulevard hat weder ihm noch der Partei genutzt.

Die SPÖ muss nun Personen und Positionen finden und vor allem deutlich machen, wofür die Partei steht. Die Vranitzky-Doktrin "Nicht mit der FPÖ", die auch ein SPÖ-Bundesparteitag 2014 noch einmal bekräftigt hat, gilt seit Rot-Blau im Burgenland ohnehin nicht mehr. Auch auf kommunaler Ebene gibt es bereits verschiedene Formen der Kooperation, damit ist diese Formel nur noch eine Formalie. Aber diese Frage ist symptomatisch für den Glaubwürdigkeitsverlust der Roten, dass sie sich an eigene Beschlüsse nicht mehr halten.

Dass ÖGB-Chef Erich Foglar nun eine Öffnung zur FPÖ vorschlägt und der mächtige Chef der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter, Wolfgang Katzian, das in einem STANDARD-Interview strikt ablehnt, zeigt, wie tief die Gräben zwischen den Parteifunktionären und den Vorfeldorganisationen sind. Gleiches gilt für die Flüchtlings- und Integrationspolitik.

In Wien kulminieren diese Konflikte: hier diejenigen, die Flüchtlinge weiter willkommen heißen wollen, dort diejenigen, die eine Abschottung und Abschiebungen verlangen. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der die Partei nun interimistisch führt und das politische Schicksal seines einstigen Stadtrats final besiegelt hat, hat sich selbst noch nicht entschieden, welche Position er für die zukunftsträchtigere hält. Im Wiener Wahlkampf 2015 war er mit seinem positiven Flüchtlingsansatz noch erfolgreich, aber die Stimmung in der Bevölkerung hat sich seither geändert.

Die SPÖ muss sich neu finden. Diese Neuaufstellung nimmt eine längere Zeit in Anspruch und braucht Energie, die ein Kanzler, der sich erst in die Regierungsgeschäfte einarbeiten muss, nicht hat. Es spricht viel für eine Trennung von Partei- und Regierungsamt. Denn Österreich braucht einen Regierungschef, der endlich Reformen anpackt: Das Land sackt im internationalen Vergleich immer weiter ab, es herrscht ein Höchststand an Arbeitslosen, im Bildungs- und Pensionsbereich gibt es seit Jahren Handlungsbedarf.

Ein Kanzler mit Managementerfahrung und Gestaltungswillen wie ÖBB-Chef Christian Kern, Medienmanager Gerhard Zeiler oder Ex-Siemens-Chefin Brigitte Ederer kann diese Probleme anpacken – wenn man es zulässt. In der eigenen Partei, aber auch in der Koalition gibt es Bremser.

Ein fliegender Wechsel zur FPÖ geht sich für die ÖVP derzeit ohnehin nicht aus. Für Parteichef Reinhold Mitterlehner, der derzeit Interimskanzler ist, bietet die Neuaufstellung in der SPÖ auch eine Möglichkeit, sich und seine Partei neu zu positionieren. (Alexandra Föderl-Schmid, 9.5.2016)