Einen Keil zwischen Volk und Präsident treiben", das ist die ägyptische Variante des "Lügenpresse"-Vorwurfs: Aktuell geht es um die Diskussion, ob die kürzlich erfolgte Erstürmung des Gebäudes der Mediengewerkschaft in Kairo durch die Polizei gerechtfertigt war. Es wäre eine Vereinfachung zu glauben, dass sich alle Journalisten in Bezug auf die Pressefreiheit einig sind: "Eure Exzellenz, Herr Präsident, lassen Sie sich nicht erpressen oder einschüchtern. Die Entlassung eines Ministers oder eine Entschuldigung werden nicht genug sein. Die wollen Ihren Kopf ...", schreibt der Leitartikler von Al-Watan.

So gesehen bringt der Konflikt für Abdelfattah al-Sisi auch Vorteile. Der Lack des nationalen Helden begann in den vergangenen Monaten abzusplittern, Sisis "Verzicht" auf die Inseln in der Meerenge von Tiran zugunsten Saudi-Arabiens verunsicherte auch Anhänger. Wenn nun die seit Monaten schwelende Auseinandersetzung über die Medien zur Entscheidung pro oder contra Sisi stilisiert wird, werden sich die Sisi-Reihen wieder schließen.

Aber die nationale Solidarisierung hat zunehmend paranoide Züge. Auch der Fall Regeni, des zu Tode gefolterten italienischen Studenten, wird zu einem Komplott von außen umgedeutet: Die Verwicklung von Sicherheitskräften auch nur anzudenken fällt unter Verrat. Ägypten fühlt sich umzingelt und richtet sich gegen die Feinde von innen. Das sind längst nicht mehr nur die Muslimbrüder. (Gudrun Harrer, 9.5.2016)