SPÖ-Chef Faymann schickte seine Unterstützer vor – doch ob der Wiener Häupl, gewichtigster roter Landeschef, ihn hält, gilt als fraglich.

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Wegen der Causa prima jagt in der SPÖ am Montag ein Termin den anderen. Um 8 Uhr tritt das Präsidium der roten Gewerkschafter zusammen. Gegen 11 Uhr empfängt Werner Faymann, umstrittener Regierungs- und Parteichef in den eigenen Reihen, sämtliche Landesparteichefs im Kanzleramt. Zu Mittag begibt sich der rote Tross hinüber in die Hofburg, wo Präsident Heinz Fischer die Spitzenpolitiker aus Stadt und Land an den Tisch bittet.

Ab 16 Uhr geht es schließlich ans Eingemachte: Ab da berät der Vorstand der Genossen angesichts von eineinhalb Dutzend Wahlniederlagen über Wohl und Wehe der Partei sowie von Werner Faymann höchstpersönlich. Vor dem Schicksalstag für den Vorsitzenden gab ein hochrangiger Funktionär den Medienleuten folgenden Rat: "Nehmt den Akku für Eure Laptops mit – denn es kann spät werden."

Rote Risse

Seit Rudolf Hundstorfers Niederlage bei der Präsidentschaftswahl gehen viele Risse quer durch die Partei. Die einen fordern Faymanns Ablöse, die anderen seinen Verbleib. Die Kritiker an der Basis drängen auf einen vorverlegten Parteitag, seine Unterstützer halten dagegen. Einige SPÖ-Granden, darunter mächtige Gewerkschafter und Landesfürsten, drängen darauf, die ewige Abgrenzung zur FPÖ zu beenden, viele Intellektuelle prophezeien der Sozialdemokratie das Wegbrechen des linken Flügels oder gar den Tod, sollte dieses Tabu fallen. Übers Wochenende schickte Faymann jedenfalls seine Getreuen aus, um klarstellen zu lassen, dass er nicht so einfach das Feld räumt.

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil warnte via Ö1, dass das ständige Kundtun von Einzelmeinungen der gesamten Partei schade. Über denselben Kanal richtete aber Salzburgs SPÖ-Chef Walter Steidl Faymann aus, dass "eine personelle Änderung unumgänglich" sei. Dazu forderte der Chef der Bau-Holz-Gewerkschaft, Beppo Muchitsch, Faymann übers Profil auf, "endlich loszulassen".

Vorschlag für Rot-Blau-Fans

Am Sonntag deutete dann Kanzleramtsminister Josef Ostermayer, Faymanns langjähriges Alter Ego, in Österreich gar einen ersten Kompromiss für Fans von Rot-Blau an, nämlich, dass Gemeinden und Länder für sich entscheiden könnten, ob für sie eine Zusammenarbeit sinnvoll sei. Allerdings: "Ich würde mit Strache nicht in einer Koalition sitzen wollen", betonte er. Dazu assistierte Tirols SPÖ-Chef Ingo Mayr, dass er sich für Montag eine "klare Positionierung" für SPÖ-Chef Werner Faymann erwarte.

Er selbst traf am Sonntagnachmittag in Stockholm mit Schwedens Premier Stefan Löfven und dem deutschen Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) zusammen. Davor stellte er seinen Gegnern eine Strategiegruppe in Aussicht, bei der sich aufmüpfige Länderchefs und Gewerkschafter, aber auch die Jungsozis von der Jungen Generation und des VSStÖ einbringen können. Doch bereits im Herbst 2014 hatte die SPÖ-Spitze einen ähnlichen Plan kundgetan, damals "Programmreform" genannt. Dieser Tage macht ein erster roter Reload-Entwurf die Runde, Vizeklubchef Josef Cap und Pensionistenboss Karl Blecha wollen demnächst ein offizielles Papier präsentieren.

Ein Insider glaubt: "Es kann gut sein, dass Faymann noch einmal seinen Kopf aus der Schlinge ziehen kann." Vom potenziellen Nachfolger Christian Kern heißt es, dass er den Posten an der SPÖ-Spitze nur übernehme, wenn er völlige personelle Gestaltungsfreiheit habe – und sein eigenes Team mitbringen kann. (Karin Riss, Nina Weißensteiner, 8.5.2016)