Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović und Premier Tihomir Orešković bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Dezember. Mittlerweile hat sich das Konfliktpotenzial zwischen den beiden deutlich erhöht.

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Zagreb/Skopje – Mittlerweile streiten alle. Die Regierungsparteien untereinander, die Präsidentin und der Premier und der Premier und die Regierungsparteien. In der kroatischen Regierung kracht es gewaltig. Seit Wochen richten einander die Koalitionspartner von der konservativen HDZ und der Neo-Partei Most Botschaften über die Medien aus. Most-Chef und Vizepremier Božo Petrov sagte am Wochenende man müsse nun auf den "Reset-Knopf" drücken und die Kommunikation verbessern. Gleichzeitig mehren sich Spekulationen, die Koalition könne zerfallen und die HDZ versuchen, eine Mehrheit auf anderer Ebene – etwa mit den Liberalen und den Minderheitenvertretern – zu finden.

Spekuliert wird auch, dass HDZ-Chef Tomislav Karamarko das Ruder ganz übernehmen wolle und auch Premier werden könnte. Am 28. Mai findet ein Parteitag der HDZ statt. Damit wäre der Wirtschafts-Experte Tihomir Orešković, der die neue Regierung seit drei Monaten als Premier führt, vom Fenster. Viele Medien berichten mittlerweile, dass es spätestens im Herbst zu Neuwahlen kommen könne.

HDZ will Machtpositionen

Vergangenen Donnerstag hat die HDZ nun Most sogar ein Ultimatum gestellt: Entweder würden wichtige Positionen im Innenministerium und in der Antikorruptionsbehörde mit HDZ-Leuten besetzt oder man wolle die Koalition platzen lassen. Die HDZ will auch, dass der Innenminister Vlaho Orepić von Most zurücktritt – nachdem es in einer Polizeistelle in Zagreb zu einem Raub gekommen war. Im Grunde geht es aber um einen Machtkampf um den Sicherheitssektor.

HDZ-Chef Tomislav Karamarko interessiert sich selbst hauptsächlich für die Sicherheitsagenden im Staat und war selbst mal Geheimdienstchef. Er fühlt sich berufen, den Sicherheitssektor zu kontrollieren und sieht auch die HDZ als stärkste Partei dazu berufen. Most will sich aber keinesfalls auf die Ultimaten einlassen.

Die Koalition steht seit Beginn auf wackeligen Beinen. Es handelt sich keineswegs um eine Wunsch-Verbindung und es gibt einige Konflikte.

Streit um Geheimdienst

Einmal geht es um den Geheimdienst. Der Chef des Geheimdiensts SOA Dragan Lozančić soll bereits seit Februar ausgetauscht werden, weil Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović das Vertrauen in ihn verloren hatte. Sie selbst war abgehört worden, als sie sich mit dem Präsidenten des Fußballvereins Dinamo-Zagreb Zdravko Mamić unterhalten hatte. Mamić wiederum war angezapft worden, weil ihm vorgeworfen worden, war, dass er sich bei Spielerverkäufen bereichert und Steuern hinterzogen habe. Die SOA hatte im Dienstweg über das Abhören der Präsidentin berichtet. Deshalb forderte Grabar-Kitarović Lozančićs Ablösung.

Doch ein SOA-Chef wird von Präsidentin und Premier bestimmt. Und Orešković wollte sich nicht einfach so von Grabar-Kitarović übergehen lassen und unterschrieb die Entlassung von Lozančić monatelang nicht. Lozančić hat zudem das Vertrauen der USA – so wie auch Orešković. Es kam zum ersten Konflikt zwischen Premier und Präsidentin. Und Grabar-Kitarović stand in der Angelegenheit in der Öffentlichkeit ziemlich schlecht da. Orešković wollte zudem den geschassten Geheimdienstchef angeblich sogar zu seinem Berater machen. Mittlerweile ist der Streit um den Geheimdienst aber auch noch zu einem Konflikt zwischen dem Premier und der HDZ geworden.

Zank auch um Öl

Denn der neue SOA-Chef Daniel Markić wurde von Orešković vorgeschlagen und passt der HDZ gar nicht. Karamarko passt es auch nicht, dass Orešković hier gestaltend eingriff. Im Hintergrund spielt sicher auch eine Rolle, dass die Rechts-Aussen-Vertreter der HDZ wie Karamarko nicht nur den USA, sondern auch vielen in der EU suspekt sind.

Ein anderer Streitpunkt in der Koalition betrifft die Energiepolitik mit dem Nachbarn Ungarn. Es läuft ein Schiedsverfahren zwischen dem kroatischen Erdölunternehmen Ina und der ungarischen Mol. Wirtschaftsminister Tomislav Panenić von der Partei Most unterstützt das Schiedsverfahren, während die HDZ dieses offensichtlich beenden will. Der Mol-Ina Deal beschäftigt die kroatische Politik seit vielen Jahren. 2003 verkaufte die Ina ein Viertel der Anteile an die Mol. Danach wurden weiter Aktien am freien Markt verkauft. Dadurch verlor Kroatien im Jahr 2009 die Aktionärsmehrheit – der Staat hält noch 44,8 Prozent. Die Mol hält nun 49,1 Prozent der Aktien. (Adelheid Wölfl, 8.5.2016)