München / Panama-Stadt – "Bislang ist erst ein Bruchteil der schmutzigen Machenschaften von Mossack Fonseca bekannt, es wird Jahre, vielleicht Jahrzehnte dauern, bis alles ans Licht gekommen ist", schreibt der unter dem Pseudonym John Doe agierende Whistleblower, der Dokumente der panamesischen Kanzlei Mossack Fonseca Medien zugespielt hat und sich am Freitag erstmals via "Süddeutsche Zeitung" öffentlich meldete.

Auch wenn Briefkastenfirmen nicht immer illegal seien, dienten sie häufig dazu, Verbrechen zu begehen. "Ich habe mich dazu entschlossen, Mossack Fonseca dem Urteil der Weltöffentlichkeit auszusetzen, weil ich der Meinung bin, dass die Kanzleigründer, Angestellten und Kunden für ihre Rolle bei diesen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden sollten."

"Wissentlich Gesetze gebrochen"

Er arbeite nicht für irgendeine Regierung oder irgendeinen Geheimdienst, und habe dies auch nie getan. "Ich vertrete hier allein und einzig meine Meinung." Er habe die Dokumente nicht mit einem politischen Ziel den Medien zugespielt, "sondern weil ich beim Anblick der Dokumente genug begriffen habe, um zu verstehen, wie ungeheuerlich ihr Inhalt ist".

"John Doe" wirft Mossack Fonseca vor, wissentlich Gesetze gebrochen zu haben. Das ICIJ und seine Partnermedien hätten "vollkommen zu Recht erklärt, die Dokumente nicht weiterzugeben. Ich jedoch bin bereit, mit den Behörden zusammenzuarbeiten – in Rahmen meiner Möglichkeiten." Allerdings würden Whistleblower oft nicht gut behandelt, führt er am Beispiel Edward Snowdens und anderer aus. "Solange Regierungen keinen Rechtsschutz für Whistleblower garantieren, sind Strafverfolgungsbehörden weiterhin abhängig von ihren eigenen Informationsquellen oder von medialer Berichterstattung, um an entsprechende Dokumente zu gelangen."

"Nur ein Pferdchen"

In Panama würde "bequemerweise nur die Kanzlei Mossack Fonseca unter die Lupe genommen – also nur ein Pferdchen des sich weiterhin drehenden panamaischen Offshore-Karussells", heißt es in dem dreiseitigen Manifest. "Banken, Finanzaufsichts- und Steuerbehörden haben versagt. Es wurden Entscheidungen getroffen, die die Reichen verschont und die Mittel- und Geringverdiener getroffen haben."

Auch hatten "neben der 'Süddeutschen Zeitung' und dem ICIJ, entgegen anderslautenden Behauptungen, auch Redakteure großer Medien Dokumente aus den Panama Papers vorliegen – und entschieden, nicht darüber zu berichten. Die traurige Wahrheit ist, dass einige der prominentesten und fähigsten Medienorganisationen der Welt nicht daran interessiert waren, über diese Geschichte zu berichten. Sogar Wikileaks hat wiederholt nicht auf meine Nachrichten reagiert", schreibt "John Doe".

2,6 Terabyte Daten

Wie die Quelle an die 2,6 Terabyte vertraulicher Daten der Kanzlei gelangt ist, bleibt weiter unklar. Mossack Fonseca vermutet einen Hackerangriff auf seine Server. IT-Experten bezweifeln allerdings, dass eine so große Datenmenge von außen gestohlen werden konnte. Mossack Fonseca versucht, die Veröffentlichung der Rohdaten der Panama Papers, die für Montag angekündigt ist, zu verhindern.

Zahlreiche Medien hatten Anfang April über gut 200.000 von Mossack Fonseca gegründete Briefkastenfirmen berichtet, in denen Politiker, Prominente und Sportler ihr Vermögen geparkt haben sollen. Die Veröffentlichung führte zu Ermittlungen auf der ganzen Welt und einer internationalen Debatte über Steueroasen und Geldwäsche. Mossack Fonseca sieht sich als Opfer eines Datendiebstahls und betont, sich bei ihren Geschäften stets an die Gesetze zu halten. (APA, 6.5.2016)