Klagenfurt – Der Fall eines 22-jährigen Autisten, der im vergangenen Jahr ein Mädchen in Kärnten gebissen hatte, ist am Freitag am Landesgericht Klagenfurt verhandelt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt, die Einweisung wurde vom Gericht bedingt nachgesehen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Der Vorfall hatte sich im Jänner des vergangenen Jahres im Bezirk St. Veit zugetragen. Die Bewohner einer Betreuungseinrichtung waren auf einem Ausflug. Beim Aussteigen aus dem Wagen der Einrichtung war der 22-Jährige in einem kurzen, unbeaufsichtigten Moment auf ein dreijähriges Mädchen zugegangen und hatte es in die Wange gebissen. Wie ein Gutachter beim Prozess aussagte, ist zu erwarten, dass das Mädchen eine Narbe zurückbehält.

Auch im Heim, in dem der junge Mann untergebracht ist, war es hin und wieder vorgekommen, dass er Mitbewohner gebissen hat. Nach den Vorfällen mit dem 22-Jährigen in der Einrichtung sei aber nie medizinische Hilfe notwendig gewesen. Dass er aggressiv gegenüber Leuten außerhalb der Einrichtung war, sei weder vor noch nach dem Vorfall mit dem Mädchen vorgekommen, sagten die als Zeugen geladenen Betreuer einhellig aus. Auch bei anderen Ausflügen habe sich der 22-Jährige nicht aggressiv verhalten. "Man hat aber schon immer aufpassen müssen, dass er nicht ausbüxt", sagte ein Betreuer. "Haben Sie Angst vor dem Angeklagten?", fragte Richter Gernot Kugi, der dem Schöffensenat vorsaß. "Nein, warum sollte ich auch", antwortete der Betreuer bestimmt. Auch andere Bewohner des Heims hätten keine Angst vor dem Angeklagten, sagte ein weiterer Zeuge.

Tagesstrukturierung sehr wichtig

Dass der Mann im Heim ab und zu aggressiv ist, habe oft ganz triviale Gründe, sagte der Leiter der Einrichtung aus, in welcher der 22-Jährige untergebracht ist: "Etwa wenn er den Eindruck hat, dass ihm jemand den Weg durch eine Tür versperrt, dann gibt es Anzeichen, dass er sich Luft verschaffen möchte." Aufgabe der Betreuer sei es aber, dass sie solche Anzeichen erkennen und präventiv vorgehen. "Wir geben unseren Klienten eine Struktur vor, die sie brauchen", sagte der Einrichtungsleiter – trotzdem sei es die Aufgabe, den Bewohnern Normalität zu vermitteln. Seit dem Vorfall sei außerhalb der Einrichtung immer ein Betreuer ausschließlich für den 22-Jährigen zuständig.

Gutachter Walter Wagner sagte aus, dass die Tagesstrukturierung mit der engmaschigen Betreuung für den 22-Jährigen sehr wichtig sei. "Eine gewisse Gefährlichkeit ist zwar auch mit diesen Betreuungsmaßnahmen gegeben – sie kann jedoch damit am besten hintangehalten werden", so der Gutachter. Dazu gehören auch Wohnverhältnisse in überschaubarem Umfeld. "Die Einrichtung, in der er jetzt ist, ist die bestmögliche Unterbringung, die er haben kann. Ein Heimumfeld wäre viel schlechter und Aggressionsausbrüche wären wahrscheinlicher."

Richter Kugi begründete die Entscheidung des Schöffensenats mit der Empfehlung des Gutachters: "In der Einrichtung, in der der 22-Jährige derzeit ist, ist er bestens aufgehoben." Allerdings gelte für den jungen Mann eine Probezeit von fünf Jahren. Staatsanwalt und Verteidiger gaben keine Erklärung ab. (APA, 6.5.2016)