Früher war es einfach, und heute ist alles kompliziert – das löst Klammerreflexe aus, und deshalb haben die Deutschen ihre Ostalgie. Der Balkan übt sich indessen in der sogenannten Jugo-Nostalgie, die nach wie vor fröhliche Urständ feiert dabei, die Alltagskultur des ehemaligen Jugoslawien romantisch zu verklären. Identität entsteht ja oft erst in der Nachbetrachtung – und dann mitunter umso heftiger.

Im Fall Jugoslawiens lösen aber nicht nur Waffelschnitten der Marke Jadro und Kaffee von Minas sentimentale Gefühle aus. Natürlich ist auch die Musik eine effiziente Erinnerungsmaschine, die etwa morgen, Samstag, in Wien-Penzing zur Anwendung kommt: Ausgerechnet in der Sargfabrik ersteht der Sound des 1990 eingestellten Jugoton-Labels für einen Abend auf.

Trägermedium der Popkultur

Das staatliche Label war jahrzehntelang das Trägermedium für Jugoslawiens Popkultur, das mit einer landesweiten Plattenladenkette im Alltag gut sichtbar war. Alles, was in der Musikszene des Balkans Rang und Namen hatte, veröffentlichte auf dem Label, das damals auch für westliche Popkünstler zuständig war. Die früher im Ost-Klub auf dem Schwarzenbergplatz ausgetragene Jugoton-Party kredenzt die Balkansounds in der Sargfabrik sowohl live als auch von Platte. Die DJs tragen Namen wie Alekz Oxygen, und der Kalender besagt, dass Josip Broz Tito morgen tatsächlich den 124. Geburtstag feiern würde. (lux, 6.5.2016)