Norbert Hofer im Parlament, der Vertretung des Volkes in Österreich

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Norbert Hofer ist Dritter Präsident des Nationalrats. Er kandidiert für das Amt des Bundespräsidenten und gibt Äußerungen von sich, die eine Missachtung des Gremiums, dem er präsidiert, durchklingen lassen. Bekannt ist seine Ankündigung, eine untätige Regierung – nach Gesprächen und "zwei, drei Jahren" – zu entlassen. Abgesehen von der Frage, ob es je eine Regierung gegeben hat, die an ihrer Untätigkeit gescheitert ist, müsste klar sein, dass wir ein Parlament haben, das die Performance der Regierung zu kontrollieren hat, 183 Personen, denen auch so auffallen würde, wenn ein Minister die Gesetze, die da beschlossen wurden, nicht ausführt oder wenn die ganze Regierung in Müßiggang und Schlendrian verkommt. Dafür werden sie schließlich bezahlt, und das ist nicht die eigentliche Aufgabe des Staatsoberhauptes.

Oberlehrer Hofer

Wollen wir einen Bundespräsidenten mit Oberlehrerallüren, der nach undurchsichtigen Kriterien der Regierung Jahreszeugnisse ausstellt und "Nicht genügend" verteilt, oder einen, der Vertrauen in die demokratischen Institutionen hat?

Ähnliches gilt, wenn es um die Unterzeichnung internationaler Verträge geht, die jetzt dauernd diskutiert wird. Da brüsten sich die Kandidaten, Verträge, die dem Land schaden, nicht zu unterschreiben. Aber alles, was ein Präsident an Gesetzen und Verträgen unterschreiben soll, um die Verfassungsmäßigkeit zu bestätigen, wird ihm vom Parlament auf den Tisch gelegt, und allein die Annahme, dass dieses Gremium unfähig sei, zu erkennen, was dem Land guttut und was ihm Schaden zufügt, ist eine Missachtung der Parlamentarier und eine maßlose Überschätzung der eigenen Fähigkeiten. Wieso sollte eine einzige Person an der Spitze des Staates um so viel mehr Durchblick und Weisheit haben als 183 Abgeordnete?

Entmachtung der Volksvertreter

Wer historisch denkt, kriegt schnell ein mulmiges Gefühl, wenn das Parlament, immerhin die Vertretung des Volkes, missachtet und übergangen wird. Sowohl in der österreichischen wie in der deutschen Geschichte stand die Entmachtung der Volksvertretung am Anfang der Diktatur.

Man muss nicht das Schlimmste befürchten, aber sollte die Machtergreifung mithilfe der Wähler gelingen, werde zumindest ich mich nicht wundern, wenn ein neuer starker Mann sein Amt neu interpretiert. Schließlich ist alles schon angekündigt worden. (Wilfried Ehrmann, 6.5.2016)