Dem Freihandelsabkommen TTIP schlug von Anfang an eine Welle der Ablehnung entgegen. Chlorhühner, genmanipulierte Lebensmittel, Schiedsgerichte: Wenn das Abkommen zwischen der EU und den USA Realität wird, hat sich der Konsumentenschutz in Europa erledigt, dann sind Demokratie und Menschenrechte in Gefahr, sagen TTIP-Gegner wie Greenpeace und Attac.

Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass diese Kritik oft überzogen ist. So gibt es in Europa keinen seriösen Politiker oder Industriezweig, der das Importverbot für mit Wachstumshormonen behandelte Rinder aufheben will. Im fertigen Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada bleibt das Verbot aufrecht. Die EU-Kommission versichert, dass daran auch TTIP nichts ändern wird. Trotzdem wird der Vorwurf, die USA würden ihre Hormonbomber bald nach Europa verschiffen, immer wieder erhoben.

Die TTIP-Gegner nutzen geschickt aus, dass die Verhandlungen über das Abkommen lange Zeit hermetisch von der Öffentlichkeit abgeschirmt geführt wurden. Weil wenig nach außen drang, konnte jeder kleine Hinweis skandalisiert werden. Diese Strategie setzt sich fort.

Am Montag hat Greenpeace geheime TTIP-Dokumente veröffentlicht. In den Papieren gibt es keine "Smoking Gun", also keinen großen Skandal. Dass es schon als Erpressungsversuch bezeichnet wird, wenn die USA ihren Markt für Europas Autobauer nur öffnen wollen, wenn sie im Gegenzug mehr Agrarprodukte in die EU ausführen können, ist lächerlich. Das ist normale Verhandlungstaktik. Keine Seite wird etwas geben, wenn sie nichts dafür bekommt.

Die TTIP-Kritiker drücken trotzdem aufs Gas. Ist das schlimm? Nein. Denn die Aufregung hat dazu geführt, dass sich die Öffentlichkeit intensiv mit dem Abkommen beschäftigt. Die EU-Kommission steht unter Beobachtung. Sie muss ihre Positionen in den Verhandlungen mit den USA gut rechtfertigen – und manchmal ändern. So hat sie ihren Vorschlag für Investitionsgerichte sinnvollerweise angepasst, um den Bedenken der Kritiker Rechnung zu tragen.

Doch es wäre für die TTIP-Gegner an der Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie man die gesteigerte Aufmerksamkeit, die dem Freihandel zuteilwird, auf andere Aspekte des Themas lenken könnte. Die bessere Teilhabe und faire Einbindung von Entwicklungsländern in den globalen Handel wäre eine der effektivsten Waffen, um Armut zu bekämpfen. Nur spricht darüber aktuell kaum jemand. (András Szigetvari, 2.5.2016)