Bildungsministerin und SPÖ-Vizechefin Gabriele Heinisch-Hosek steht voll hinter Werner Faymann, räumt aber auch Versäumnisse der Partei im Umgang mit den Wählerinnen und Wählern ein.

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STANDARD: ÖGB-Präsident Erich Foglar meint, die SPÖ könne "nicht jede Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ von vornherein ausschließen". Was sagen Sie dazu?

Heinisch-Hosek: Ich bin zutiefst überzeugt, dass auf Bundesebene mit der FPÖ für uns Sozialdemokraten kein Staat zu machen ist. Es gibt einen geltenden Parteitagsbeschluss von 2014, der besagt, dass wir mit der FPÖ keine Koalition eingehen. Wörtlich heißt es: "Die SPÖ spricht sich klar gegen eine Koalition mit der FPÖ auf allen politischen Ebenen aus." Ich kann mir das auch überhaupt nicht vorstellen. Auf Bundesebene, mit ihrer besonderen Verantwortung, wo für ganz Österreich wichtige Weichenstellungen getroffen werden, sage ich ein klares Nein zu einer Koalition mit der FPÖ.

STANDARD: Im Burgenland aber gibt es diesem Beschluss zum Trotz eine rot-blaue Koalition. Ist das nicht mit ein Grund für die Glaubwürdigkeitskrise, in der die SPÖ offenkundig steckt: dass die Wählerinnen und Wähler Ihren Versprechungen, nämlich auch anderen, nicht mehr glauben und vertrauen?

Heinisch-Hosek: Auch auf Gemeindeebene gibt es Zusammenarbeit zwischen der SPÖ und der FPÖ, wo sozialdemokratische Politiker sagen, auf kommunaler Ebene ist das möglich. Aber wenn ich zum Beispiel nach Oberösterreich schaue, wo ÖVP und FPÖ regieren, da sehe ich nicht nur eine frauenlose Landesregierung, sondern ganz skurrile Dinge, etwa im Bildungsbereich die Deutschpflicht auf dem Schulhof. Das würde ich mir in einer Regierungskoalition nicht wünschen.

STANDARD: Ist Bundeskanzler Werner Faymann der richtige Parteichef, oder sollte wer anderer ran?

Heinisch-Hosek: Werner Faymann ist der Richtige, und das sage ich aus tiefster Überzeugung. Und er wird das auch den Rest der Legislaturperiode machen. Diese sieben Jahre, die er Regierungschef und Parteichef ist, waren von der Finanz- und Wirtschaftskrise geprägt, aber auch von der Flüchtlingsbewegung, wo es ja nicht nur in unserer Partei unterschiedliche Auffassungen gibt, wie man mit diesen Menschen umgehen soll.

STANDARD: Diese unterschiedlichen Auffassungen äußern sich aber darin, dass der SPÖ immer mehr Wählerinnen und Wähler abhandenkommen. Was also tun?

Heinisch-Hosek: Wir müssen vergraulte Wählerinnen und Wähler zurückgewinnen. Viele haben uns aus Protest verlassen, weil sie Ängste haben, die wir manchmal vielleicht auch aus einer Borniertheit heraus nicht ernst genommen haben. Wir müssen hinhorchen und es mit den Ängsten dieser Menschen aufnehmen. Die Sozialdemokratie befindet sich in einer nicht sehr stabilen Situation, umso mehr braucht es jetzt jemanden, der Stabilität an der Spitze ausstrahlt – und Werner Faymann hat diese Stabilität über sieben Jahre garantiert.

STANDARD: Seine politischen Rezepte funktionieren aber offenkundig nicht bzw. gibt es zwei Lager in der SPÖ, die sich vor allem an der Flüchtlingsfrage abzeichnen.

Heinisch-Hosek: Man kann es nicht jedem recht machen. Wenn ein Land 90.000 Flüchtlinge aufnimmt, dann muss man auch klare Worte finden, was man von diesen Menschen erwartet und wie man sie integrieren kann. Man muss aber auch auf die eigenen Leute schauen, die bei 400.000 Arbeitslosen zu Recht erwarten, dass die Politik Lösungen findet.

STANDARD: Es gibt die Forderung nach einer Vorziehung des Parteitags, der jetzt regulär für November angesetzt ist. Sind Sie dafür?

Heinisch-Hosek: Dem kann ich nichts abgewinnen. Als wir beschlossen haben, dass wir ein neues Parteiprogramm erarbeiten, wurde auch gesagt, dass es dazu eine Mitgliederbefragung geben soll. Wenn es die geben soll – und das war ja der ausdrückliche Wunsch –, dann geht sich das alles mit den Fristen nicht aus, wenn man jetzt den Parteitag vorverlegen würde. Ich finde es sehr gut, dass wir jetzt eine Strategiegruppe einsetzen und eine einhellige Positionierung für zentrale Themen erarbeiten. Das wünschen sich die Leute auch. Darüber sollten wir schnell eine Debatte führen, aber wir brauchen den Sommer, um über das neue Programm zu diskutieren und dieses dann am Parteitag im November zu beschließen. Jeder Tag früher wäre ein Tag zu früh. (Lisa Nimmervoll, 2.5.2016)