Die Polizei wird am Praterstern nun auch in der Nacht verstärkt unterwegs sein.

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Wien – Die Vergewaltigung einer jungen Frau auf einer öffentlichen WC-Anlage am Wiener Praterstern bleibt nicht ohne Konsequenzen. Am Freitag, gut eine Woche nach den Vorfällen, präsentierte die Wiener Polizei Maßnahmen, die dazu führen sollen, ein "sozial verträgliches Bild" zu schaffen, wie Polizeipräsident Gerhard Pürstl bei einer Pressekonferenz sagte.

derStandard.at

Der Praterstern, so Pürstl, sei ein Anziehungspunkt für verschiedenste Gruppen geworden. Laut aktuellen Zahlen seien allein im März und April am Praterstern "knapp 420 strafrechtliche Delikte" verübt wurden. Das sei ein Prozent der Gesamtkriminalität in Wien. Ein Drittel davon betraf laut Pürstl mit rund 140 Fällen Suchtmittelverstöße, ein weiteres Drittel Eigentumskriminalität wie Trick- und Taschendiebstahl. 57 Anzeigen gab es wegen Körperverletzung und weiterer Gewaltdelikte.

Drogenhandel wird laut Polizei nahezu ausschließlich von Nordafrikanern verübt. Bei Gewalttaten machen Nordafrikaner 42 Prozent der mutmaßlichen Täter aus. Österreicher waren in 29 Prozent der Fälle verdächtigt.

Gute Verstecke für Drogen

Die Gründe für die hohe Kriminalität an dem mittlerweile verschrienen Ort im zweiten Bezirk sind vielschichtig. Zum einen gebe es dort bereits seit vielen Jahren eine große Obdachlosenszene. Außerdem habe sich der Praterstern zu einem Drogentreffpunkt entwickelt. Der Ort komme der Dealerszene aufgrund des angrenzenden Praters sehr entgegen, durch die Grüngebiete stünden gute Bunkermöglichkeiten für Drogen bereit. Beherrscht wird die Szene laut Polizeipräsident "vom nordafrikanischen Bereich". Großteils werde mit Cannabis gedealt.

In den vergangenen Monaten würden sich im Bereich Venediger Au zudem vermehrt Flüchtlinge aufhalten – und zwar junge Männer aus Afghanistan, die zwischen 15 und 30 Jahre alt sind.

Punkt eins im Maßnahmenkatalog der Polizei ist nun, den Suchtmittelhandel zu minimieren. Dafür soll "die starke Präsenz mit Personal aufrecht erhalten" werden. Schichten sollen zum Teil in die Nacht verlegt werden. Eine Polizeidienststelle direkt am Praterstern wird aber nicht geschaffen – dafür stehe jene in der Lasallestraße bereit, so Pürstl.

Suchtmittelnovelle und mehr Videoüberwachung

Der Polizeipräsident hegt auch die Hoffnung, dass die am Donnerstag im Nationalrat verabschiedete Gesetzesnovelle bald greift. Dort wurde ein eigener Straftatbestand zum Drogenhandel im öffentlichen Raum verabschiedet, der bis zu zwei Jahre Haft vorsieht.

Ab 1. Juni wird zudem die Videoüberwachung am Praterstern ausgeweitet. Es soll einen mobilen Bus geben, um die Überwachung flexibel je nach Bedarf verlegen zu können. Damit habe man etwa am Schwedenplatz gute Erfahrungen gemacht. Außerdem will die Polizei "auf Partner setzen". Pürstl appellierte etwa an die ÖBB, die WC-Anlagen künftig von Securitypersonal überwachen zu lassen. Weitere Partner, mit denen bereits gut zusammengearbeitet werde, seien die Suchthilfe Wien und der Bezirk.

Flüchtlingen "Perspektive geben"

Drogenkoordinator Michael Dressel betonte, dass die Suchthilfe Wien bereits seit Jahren mit Sozialarbeitern vor Ort sei. Am Praterstern gebe es zehn "Sam"-Mitarbeiter, die täglich von neun bis 22 Uhr im Einsatz seien. Man stehe in Kontakt mit den Obdachlosen, betreue die Drogenkranken und bemühe sich, sie in entsprechenden Einrichtungen unterzubringen. "Wir sind bei Konflikten rasch zur Stelle", so Dressel, und kooperiere auch gut mit der Polizei.

Hinsichtlich der Flüchtlinge appelliert Dressel, dass Integrationsmaßnahmen gesetzt werden müssen: "Diese Menschen brauchen eine Perspektive." Die Wiener Bildungscard, über die etwa Sprachkurse absolviert werden können, sei ein erster guter Schritt.

Dass Frauen den Praterstern künftig meiden sollen, rät Polizeipräsident Pürstl nicht. Jedoch betonten sowohl Pürstl als aus Dressel, dass man sich "nicht der Illusion hingeben" dürfe, dass es wegen der gezielten Maßnahmen zu keinen Straftaten und Vergewaltigung mehr kommen wird. (Rosa Winkler-Hermaden, 29.4.2016)