Wien – Im Praterdome wird nicht mit Bargeld bezahlt. Stattdessen drückt einem eine Mitarbeiterin im Halbdunkeln eine Plastikkarte in die Hand und bittet vor die Kamera – um das Zechprellen zu erschweren. Einen Schnappschuss später darf man den an die Passkontrollschalter auf dem Flughafen erinnernden Eingangsbereich der größten Disco Österreichs in die Richtung des dröhnenden Basses passieren. Es gibt grüne Shots – "Liebeselixier" genannt –, und Frauen können Highheels gewinnen. Zur Lady's Night umgarnt ein glattrasierter junger Stripper eine peinlich berührte Besucherin mit Banane in der Hose und Schlagobers aus der Sprühdose.

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Wer im Praterdome am Riesenradplatz in Wien-Leopoldstadt zu House, Schlager und R 'n' B tanzt, wird sich wohl nie zu den Rhythmen des Fluc am Praterstern bewegen. Obwohl die beiden Clubs nur einen Steinwurf voneinander entfernt sind, können sich die Besucher weder hier noch dort vorstellen, in der benachbarten Location vorbeizuschauen. Bereits beim Mustern der Warteschlange vor dem Praterdome sei ihm klar, dass er dort nicht hingehört, meint etwa Jürgen, den ein Hip-Hop-Konzert ins Fluc geführt hat. Mit Freunden leert er vor der ehemaligen Unterführung noch eine Dose Bier vom Balkangrill gegenüber.

Praterstern: Hotspot für Kriminalität

Sie sind nicht die Einzigen, die sich mit günstigen alkoholischen Getränken auf die Nacht einstimmen. Ausgelassene Clubgänger mischen sich an den neonbeleuchteten Essensständen unter Obdachlose und Suchtkranke. Regelmäßig macht der Praterstern als Hotspot für Kriminalität negative Schlagzeilen – zuletzt wegen einer brutalen Vergewaltigung auf der Bahnhofstoilette.

Man sei nicht hier, weil man hier sein wolle, meinen die jungen Frauen Diska und Chilla, die auf dem Weg ins Fluc sind. Als einen "Ort, wo einem etwas angedreht wird", beschreibt Florian den Praterstern. Einmal habe ihm jemand zerkleinerte Autoreifen als Haschisch verkaufen wollen. Die Situation am Praterstern wird notgedrungen in Kauf genommen. Denn der Prater, der heuer sein 250. Jubiläum feiert, ist mit seinen vier großen Clubs eine beliebte Fortgehmeile.

Foto: Oona Kroisleitner

Als die Pratersauna in der Waldsteingartenstraße Anfang des Jahres zusperrte, hinterließ der Technoclub eine Lücke: Außerhalb des Praters werden namhafte Elektro-DJs derzeit nur in der Grellen Forelle am Donaukanal gebucht. Die Übernahme durch den Betreiber der Dots-Gruppe, Martin Ho, soll diese Lücke schließen.

Pratersauna als Beachclub

Heute, Freitag, wird die umgestaltete Pratersauna wiedereröffnet. Auf der Anlage wurde ein Strand aufgeschüttet, Fitnessgeräte wurden aufgestellt. Ho will damit die Zielgruppe um das "After-Work-Publikum" erweitern.

Kurz vor dem Partywochenende ist der ehemalige Szeneclub eine riesige Baustelle und der neue Eigentümer angespannt. Denn ab Freitag wollen laut Facebook rund 12.000 Technofans für drei Tage die Tanzfläche einweihen – der Vorverkauf dafür ist längst abgeschlossen. Das Motto lautet "Heute wie damals".

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Obwohl nun überall Wände sind, wo vorher keine waren, sind auf der Baustelle ein paar bekannte Requisiten zu entdecken. So wurden etwa die Toiletten nicht neu installiert, sondern restauriert. Wer vor der Schließung dort Grußbotschaften hinterlassen hat, wird sie an diesem Wochenende wiederfinden können.

Durch Cocktailbar verbunden

Der angrenzende, ebenfalls von Ho betriebene Hip-Hop-Club Vie i Pee wird künftig mit der Pratersauna durch eine Cocktailbar im ehemaligen Bunker verbunden sein. Die Tanzfläche der Pratersauna wird kleiner ausfallen, dafür nimmt die Bar im größten Floor mehr Raum ein. Sie soll nach Hos Vorstellung "zentraler Anlaufpunkt" des Clubs werden. Neu ist auch, dass ein Terrassengitter ab 23 Uhr dem Badespaß betrunkener Gäste ein Ende setzt. Der erste Stock wird von nun an als Backstage- und Bürobereich genutzt.

Eintritt zehn Euro

Der Club wird damit weniger Gäste fassen: "Wien ist nun mal keine Fünf-Millionen-Metropole, und wir wissen, dass mit herausragenden Bookings kein Club zu füllen ist", sagt Ho im Gespräch mit dem STANDARD. Trotzdem verspricht er für das nächste halbe Jahr "15 von 30 der internationalen elektronischen Topacts". Der Eintritt wird auf zehn Euro gedeckelt, die Getränkepreise gesenkt. Der Club wird auch tagsüber geöffnet sein. Ein "Fortgehmekka" soll er laut Betreiber werden.

Mit der Ausweitung des Zielpublikums könnten sich in Zukunft erstmals Fluc- und Praterdome-Besucher im Beachclub über den Weg laufen. (Text und Videos: Raoul Kopacka, Oona Kroisleitner, Christa Minkin, Maria von Usslar, 29.4.2016)