Thomas Glavinic beklagt die Pauschalverurteilung von Norbert Hofers Wählern.

Foto: Imago

Schon einmal hat eines seiner Postings für Erregung gesorgt. 2014 stellte Thomas Glavinic ein Nacktfoto von sich auf Facebook. Das Foto erinnerte von der Ästhetik her an eine zirka 1983 erschienene Anzeige im "ÖKM", sollte aber gar keinen Appetit auf ihn machen, sondern war ein Protest gegen Zensur auf Facebook. Glavinic beanstandete damit, dass Facebook zwar Bilder von nackter Haut löschen, sich bei der Verbreitung von Gewaltvideos hingegen tolerant geben würde. Nach ein paar Stunden war das Zipfel-Selfie gelöscht worden.

Der Plattform hat der Autor deshalb nicht abgeschworen, jetzt hat er wieder etwas gepostet, das für Aufsehen gesorgt hat.

Deutliche Worte

Der 44-Jährige verurteilte in deutlichen Worten die pauschale Herabwürdigung der Wähler Norbert Hofers vonseiten der politischen Gegner, seiner Facebook-Freunde. Anstatt sich über dessen Wähler zu erhöhen und sie zu beschimpfen, sollte man auf sie zugehen, ihre Ängste ernst nehmen und mit ihnen reden. "Wenn wir politisch Andersdenkende de facto schon als Untermenschen darstellen – was sind wir dann?", fragte er und zitierte am Ende Ödön von Horváth. "Was gut und was böse ist, weiß der Spießer, ohne nachzudenken."

Sogar auf Heinz-Christian Straches Profil wurde der Eintrag geteilt, versehen mit dem Titel "Respekt! Offene Worte der Vernunft!" Da wie dort entzündete sich das übliche Gezeter zwischen Befürwortern und Gegnern.

Hof halten

Dass Glavinic polarisiert, ist nichts Neues. Der geborene Grazer gilt als hemdsärmelig und als mitunter über die Maßen direkt. Vorlieben für Sportwägen und Fußball (polytheistisch soll er Anhänger von Sturm und Rapid sein) unterstreichen ein Macho-Image. Als meist mürrisch dreinblickender Glatzkopf hält er im Wiener Café Anzengruber Hof, in dessen Nähe er wohnt.

Innere Stimme

Sein Debütroman "Carl Haffners Liebe zum Unentschieden" erschien 1998, mit Titeln wie "Der Kameramörder" (2001) und "Wie man leben soll" (2004) wurde er im ganzen deutschen Sprachraum bekannt. Was seine Fähigkeiten als Autor betrifft, gibt sich der Vater eines Sohnes bescheiden, will nicht wissen, ob er ein guter Autor sei oder nicht. Ob das kokett ist oder echt, weiß nur er. Bei seiner Arbeit, sagt er, würde er auf eine innere Stimme hören. Das suggeriert Sensibilität, und die steckt ja auch in seinem jüngsten Posting, auch wenn es laut polternd daherkommt. Und recht hat er ja. (Karl Fluch, 28.4.2016)