In zwanzigjähriger Arbeit konnte ein Musikstück der tausendjährigen akustischen Vergessenheit entrissen werden: Forscher der University of Cambridge rekonstruierten ein mittelalterliches Lied, das an "De consolatione philosophiae" (Über den Trost der Philosophie), das Hauptwerk des römischen Philosophen Boethius (480/485-524/526) angelehnt ist.

Das weit verbreitete Werk zählte zu den meistkommentierten Texten des Mittelalters – und schlug sich auch musikalisch nieder. Zwar ist das Lied auch handschriftlich überliefert, allerdings in der Form früher Neumen, die zur ergänzenden Notation über Texten dienten. Die Entschlüsselung dieser Melodieformeln ist mitunter ausgesprochen schwierig.

"Neumes zeigen die melodische Richtung an, allerdings ohne alle Tonhöhen zu spezifizieren – und das ist ein großes Problem", sagte Sam Barrett, der an dem Projekt beteiligt war. Ein wiederentdecktes Manuskripts aus dem elften Jahrhundert entpuppte sich aber als "musikalischer Stein von Rosette": Mithilfe der Aufzeichnungen konnten die Forscher in mühevoller Kleinarbeit fast 90 Prozent des Musikstücks rekonstruieren .

Wie des Rätsels Lösung klingt, hören Sie hier:

Cambridge University

--> University of Cambridge: "First performance in 1,000 years: ‘lost’ songs from the Middle Ages are brought back to life"

(red, 1.5.2016)