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Ein Experte der russischen Armee bei der Minensuche in Palmyra.

Foto: REUTERS

Giovanni Boccardi von der Unesco (links), und die Orea-Direktorin und Icaane-Gastgeberin Barbara Horejs (links) erläutern die "Wiener Erklärung", die im Zuge der Icaane am Mittwoch in Wien abgegeben wurde.

Foto: ÖAW

Der Tempel des Bel in Palmyra vor seiner Sprengung durch den IS im August 2015.

Foto: Karin Bartl/Deutsches Archäologisches Institut, Orient-Abteilung

Der Eingang des Aleppo-Museums vor den Kämpfen.

Foto: Youssef Kanjou

Der Eingang des Aleppo-Museums, geschützt durch Sandsäcke, heute.

Foto: Youssef Kanjou

Youssef Kanjou harrte so lange wie möglich in seinem Museum aus. Während im oberen Stockwerk Schüsse fielen, wurden in anderen Bereichen noch wertvolle Objekte in Sicherheit gebracht, erzählt der ehemalige Direktor des Aleppo-Museums dem STANDARD. Das Museumsgebäude liegt in der Nähe des berühmten Bazars, der bei den Gefechten zwischen Rebellen und syrischen Regierungstruppen zerstört wurde. Seit 2013 war Kanjou nicht mehr in Syrien: "Es ist zu gefährlich, zurückzukehren."

Das Aleppo-Museum verfügte über 50.000 Objekte, die wertvollsten wurden bereits vor Ausbruch der Kämpfe in Sicherheit gebracht. "Einige meiner Angestellten sind dort geblieben." Viele Objekte wurden ins Museumsdepot gebracht, wo sie einigermaßen sicher sind. Doch Artefakte "sind wie Menschen. Sie müssen gepflegt werden." Ansonsten überleben sie nicht.

"Wiener Erklärung" fordert internationele Zusammenarbeit

"Syrien ist wie ein Freiluftmuseum", sagt Maamoun Abdulkarim. Der Direktor der Antikenverwaltung Syriens (DGAM) richtete sich mit einer Videobotschaft an die Teilnehmer der internationalen Konferenz für Orient-Archäologie Icaane, die erstmals in Österreich stattfindet. Veranstaltet wird der Kongress vom Institut für Orientalische und Europäische Archäologie (Orea) an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien.

Maamoun Abdulkarim, Direktor der Antikenverwaltung Syriens, beschreibt in der Icaane-Videobotschaft die Situation in Syrien.
Maamoun Abdulkarim

Die Zerstörungen in Palmyra durch IS-Terroristen lösten im Vorjahr weltweites Entsetzen aus. "Die Angestellten in Palmyra riskieren ihr Leben, um das kulturelle Erbe zu retten", sagt Abdulkarim. In der "Wiener Erklärung" ruft Icaane nun zu mehr internationaler Zusammenarbeit auf: Aufgrund von Kriegshandlungen, Plünderungen und Schmuggel seien schon jetzt viele historische Monumente unwiederbringlich verloren gegangen.

Illegaler Handel floriert

Eines der größten Probleme ist der illegale Handel mit Kulturgütern, eine Hauptfinanzierungsquelle des IS. Die Tatsache, dass die Artefakte schlecht erfasst sind, begünstigt den Schmuggel. Syriens Antikenverwaltung hat nun hunderte historische Stätten in einer Karte verzeichnet. In Kooperation mit der syrischen Polizei konnten 6500 davon gerettet werden.

Die Zusammenarbeit mit den Nachbarn wird verstärkt. Die Antikenverwaltung des Libanon versucht, Schmuggler an den Grenzen zu stoppen und die Objekte an Syrien oder den Irak zu retournieren. Die Nachbarlstaaten sind meist nur Transitländer, wo die Objekte von gut organsierten Schmugglern mit falschen Papieren ausgestattet werden. Zielmärkte sind reiche Länder in Europa, Nordamerika, aber auch Singapur, sagt Libanons Antikendirektor Sarkis El-Khoury.

Die Rettung von Kulturgütern sei zwar das Kerngeschäft seiner Organisation, sagt Giovanni Boccardi von der Unesco, man stoße aber an Grenzen: "Wir können uns nicht in eine Armee verwandeln." Von Beirut aus unterstützen sie die DGAM. Für manche ist das zu wenig: "In Aleppo war die Unesco nie", meint etwa Kanjou. Orea-Direktorin Barbara Horejs appelliert, niemals aufzugeben. "Wir glauben an eine friedliche Zukunft." (Anna Sawerthal, Michael Vosatka, 28.4.2016)