Wien – Der Reihe nach waren die einzelnen Minister bereits vorige Woche vorgeprescht. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ), Außenminister Sebastian Kurz und der neue Innenminister Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) verkündeten stolz, sie hätten zur Bewältigung der Flüchtlingssituation für die kommenden Jahre höhere Budgets herausgeschlagen.

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) wiederum freute sich über deutlich nach unten revidierte Prognosen für die Pensionen (in Summe immerhin 2,5 Milliarden bis 2020).

Kuchen verschiebt sich

Seite Dienstag liegen nun die Details des Finanzrahmens bis 2020 vor. Dabei zeigt sich: Für den gesamten Sozialbereich wird in den kommenden Jahren trotzdem ein immer größeres Stück des Budgetkuchens benötigt. Flossen im Vorjahr noch 51,1 Prozent des 74,6 Milliarden Euro großen Budgets in die Bereiche Arbeit, Pensionen, Gesundheit und Familien, werden es im Jahr 2020 schon fast 54 Prozent von insgesamt 83 Milliarden Euro sein.

Auch die bessere Prognose für die Pensionen relativiert sich etwas, wenn man diesen Bereich in Relation zum Gesamtbudget stellt. Inklusive der Beamtenpensionen gab der Staat im Vorjahr 25,7 Prozent des Budgets für die Senioren aus.

2020 werden es laut aktuellem Finanzrahmen dann bereits 28,5 Prozent sein, wie diese Grafik zeigt:

Teurer Arbeitsmarkt

Für das Innenministerium wiederum zeigt sich trotz Investitionsoffensive: Der Budgetanteil steigt zwar von 2015 auf 2016 deutlich (von 3,8 auf 4,6 Prozent des Gesamtbudgets), bis 2020 sinkt er dann aber wieder auf 3,5 Prozent. Nachhaltiger greift die Aufstockung des Heeresbudgets – es steigt von 2,8 Prozent im Vorjahr auf immerhin 3,1 Prozent im Jahr 2020.

Fast man die einzelnen Sektoren zusammen, zeigt sich folgendes Bild:

Was sind nun die wichtigsten Änderungen am Finanzrahmen im Detail?

  • Arbeit Ein kräftiges Plus gibt es beim Kapitel Arbeit. Für heuer sind bereits 8,4 Milliarden Euro veranschlagt. Da auch in den kommenden Jahren mit einer steigenden Arbeitslosigkeit gerechnet wird, werden in vier Jahren schon 9,5 Milliarden Euro für Arbeitslosengeld und Qualifizierungsmaßnahmen benötigt. Im Vergleich zur alten Prognose liegen die Mehrkosten bei rund zwei Milliarden Euro bis 2020. Im Jahresschnitt soll die Arbeitslosenrate von heuer 377.000 auf 416.000 im Jahr 2020 steigen.

  • Heer Das Heer bekommt tatsächlich mehr Geld, allerdings bei weitem nicht die schon verkündeten 1,3 Milliarden. Vielmehr macht Schelling 896 Millionen Euro – verteilt über vier Jahre – locker. Den Rest muss die Landesverteidigung über Liegenschaftsverkäufe und Verwaltungseinsparungen hereinspielen. Schelling zeigte sich von der Aufstockung nicht allzu überzeugt: "Wenn mich wer gefragt hätte, hätte ich das Geld vielleicht anders eingesetzt."

  • Inneres 625 Millionen gibt es für das Innenministerium, davon entfallen 480 Millionen auf den Ausbau des Grenzmanagements, für das auch 750 Personen aufgenommen werden dürfen. 500 Staatsdiener sollen zudem das Bundesamt für Asyl verstärken.

  • Familien Die Änderungen beim Kinderbetreuungsgeld und der Elternbonus schlagen mit 245 Millionen Euro zu Buche. Insgesamt sinkt das Familienbudget aber ab 2017 deutlich, weil bereits im Vorjahr eine Senkung des Arbeitgeberbeitrags zum Familienlastenausgleichsfonds (Flaf) vereinbart wurde. Die Entschuldung des Flaf wird sich somit um mehrere Jahre verzögern. Gemessen an den Gesamtausgaben wird der Staat 2020 nur noch 8,5 Prozent für Familien und Jugend ausgeben. Im Vorjahr waren es noch 9,4 Prozent.

Defizitproblem

Bild nicht mehr verfügbar.

Finanzminister Schelling legt den neuen Finanzrahmen bis 2020 vor.
Foto: REUTERS

Die schwierige Aufgabe für Finanzminister Hans Jörg Schelling war es also, zusätzliche Milliardenkosten für Flüchtlinge, Arbeitsmarkt und Polizei trotz schwacher Konjunktur und fehlender Einnahmen wegen der Steuerreform unter einen Hut zu bringen, ohne das Defizit allzu weit in die Höhe zu treiben.

Unterm Strich kam schließlich Folgendes heraus: Für heuer und 2017 wurde das Minus im Staatshaushalt etwas nach oben korrigiert, doch 2020 wird mit einem Mini-Abgang von 0,4 Prozent ein quasi ausgeglichenes Budget (nach Maastricht) angepeilt.

* Nach Herausrechnen der Zusatzkosten für Flüchtlinge in den Jahren 2015 und 2016.

Strukturelles Defizit steigt

Die Zahlen im Detail: Das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit wird für 2016 mit 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angenommen, im alten Finanzrahmen waren noch 1,3 Prozent vorgesehen. Noch größer fällt die Abweichung beim strukturellen Minus aus, bei dem konjunkturelle und Einmaleffekte herausgerechnet werden. Hier verdoppelt sich die Neuverschuldung im kommenden Jahr gegenüber den alten Annahmen auf ein Prozent des BIPs, schon heuer wird ein markanter Anstieg auf 0,9 Prozent erwartet.

Sanktus von Brüssel erwartet

Ärger mit der EU-Kommission erwartet Schelling dennoch nicht, weil man sich dank eines kleinen Überschusses bei dieser Kennzahl im Vorjahr einen Spielraum erarbeitet habe. Überdies hofft der Finanzminister, dass die Flüchtlingskosten auch 2017 aus dem strukturellen Defizit herausgerechnet werden dürfen. Für 2015 und 2016 gibt es die Zusage der EU-Kommission bereits, wie es im Strategiebericht heißt. In absoluten Zahlen wird mit Mehrkosten von jeweils 1,2 Milliarden Euro heuer und 2017 wegen des Zustroms gerechnet. (Andreas Schnauder, Günther Oswald, 26.4.2016)