Sein Softie-Image hat ihm Höhenflüge beschert, jetzt gilt Norbert Hofer als Favorit für die Stichwahl.

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Am Montag machten Norbert Hofer und die Seinen gemäß FPÖ-Tradition erstmal blau. Der Kandidat ließ am Vormittag wissen, er sei "gerade vom Rudergerät gestiegen. Der Nachmittag gehört der Familie."

Historiker Lothar Höbelt, einst Berater der FPÖ und an der Entstehung des blauen Parteiprogramms beteiligt, empfiehlt, auch in der heißen Phase vor der Stichwahl am 22. Mai zurückgelehnt zu agieren. Eine Mobilisierung von links gegen den freiheitlichen Kandidaten "hilft ihm sogar", ist sich Höbelt sicher und sagt: "Wenn ich ein Anti-FPÖler wäre, würde ich alles tun, nur nicht das Flüchtlingsthema trommeln."

Solidarisierung gegen Hofer mobilisiert für Hofer

Auch Andreas Mölzer, Herausgeber der rechten Postille Zur Zeit glaubt, die restlichen 15,8 Prozent, die Norbert Hofer zum Wahlsieg fehlen, "werden ihm die Gegner besorgen". Wenn Hofer seinen bisherigen Auftritt beibehalte und sympathisierenden Nichtwählern klarmachen kann, "jetzt geht es um was", reiche das aus, glaubt Mölzer. Er rechnet damit, dass es eine massive Kampagne gegen einen blauen Präsidenten geben wird. "Diese Solidarisierung gegen Hofer wird aber zu einer Solidarisierung der Mitte mit Hofer führen", so Mölzer.

Dass die Freiheitlichen davon profitieren können, wenn sie sich als "Opfer der Hofer-Verhinderer" positionieren, glaubt auch die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle. Das Motto "Jetzt erst recht" könnte auch 20 Jahre nach Kurt Waldheim wieder funktionieren. Die Expertin bezweifelt, dass die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl steigt. Das Wählerpotenzial der Blauen, die das Amt immer kleingeredet haben, ist ihrer Ansicht nach erschöpft.

Kein Fischen bei Griss-Wählern

Dass die FPÖ in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist – davon hatte Parteichef Heinz-Christian Strache bereits am Wahlabend im STANDARD-Interview geträumt. Meinungsforscher Christoph Hofinger hat Zweifel. Er ortet eine Zerrissenheit in der Bevölkerung – diese zu versöhnen werde weder Grün noch Blau gelingen.

Warum Hofer vor allem männliche Jugendliche anspricht, begründet Hofinger: "Junge Männer kanalisieren ihren Zorn, sie haben das Gefühl nicht ihren gerechten Anteil zu bekommen." Diese These stützt auch Stainer-Hämmerle: Junge Männer suchen nach Sicherheit und Autorität, Mädchen sehen sich eher als Gewinner der Globalisierung. Für Frauen wirke der rhetorische Stil der Blauen zudem abschreckend: "Die Herumschreierei geht ihnen auf die Nerven", sagt Stainer-Hämmerle.

Dabei ist Hofer um sein Softie-Image bemüht, Historiker Höbelt denkt die weitere Kampagne bereits vor. "Man darf Van der Bellen nicht rotzig angehen." Hilfreich sei eine Abgrenzung à la "Van der Bellen ist ein ehrenwerter Mann, aber in der momentanen Lage der Falsche".

Was das Fischen im Griss-Lager anlangt, glaubt Höbelt: "Am besten wäre, alle Griss-Wähler bleiben daheim." Selbst wenn jede zweite Griss-Stimme zu Van der Bellen geht, reiche das für Hofer, gibt er sich optimistisch. (Marie-Theres Egyed, Karin Riss, 25.4.2016)