Heinz Patzelt erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen die "Kronen Zeitung" und Michael Jeannée (Foto).

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Wien – Nächster Etappensieg für Amnesty International und Generalsekretär Heinz Patzelt in der juristischen Auseinandersetzung mit der "Kronen Zeitung" und ihrem Kolumnisten Michael Jeannée. Das Handelsgericht Wien hat nach STANDARD-Informationen eine einstweilige Verfügung gegen die "Krone" und Jeannée erlassen.

Weder die "Krone" noch Jeannée dürfen künftig behaupten, Heinz Patzelt habe gesagt, dass eine Durchsuchung von Häftlingen durch Justizwachebeamte an der Menschenwürde der Gefangenen kratze, ihre Privatsphäre verletze oder ein zelebriertes Demütigungsritual sei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die "Kronen Zeitung" legte Rekurs ein. Nächste Station ist das Oberlandesgericht Wien.

Hintergrund des zivilrechtlichen Verfahrens sind zwei Kolumnen von "Krone"-Postler Michael Jeannée, in denen er – wie berichtet – mit Verweis auf einen Bericht der "Salzburger Nachrichten" die Frage nach Patzelts Geisteszustand stellte. Erschienen sind sie im Februar 2016.

Patzelt kritisierte "Medienshow" bei Razzia

Nach einer Razzia der Polizei in Justizanstalten Österreichs – im Beisein der "Kronen Zeitung" – sagte Patzelt den "Salzburger Nachrichten": "Wenn man aus einer Durchsuchung eine Medienshow macht, dann kratzt das an der Menschenwürde der Strafgefangenen. Auch sie haben eine Privatsphäre. Hier wurde aber das Signal gesendet, dass sie Menschen ohne Rechte sind." Weiter sprach er in Bezug auf die mediale Inszenierung von einem "öffentlich zelebrierten Demütigungsritual".

In seiner Kolumne "Post von Jeannée" schrieb der "Krone"-Kolumnist am 12. Februar (unten im Wortlaut): "Heinz Patzelt, würde ich Ihnen, dem Generalsekretär von Amnesty International Österreich, hier und jetzt unterstellen, dass Sie meiner Meinung nach leider nicht mehr richtig ticken ... erfüllte das wahrscheinlich den Tatbestand einer (klagbaren) Ehrenbeleidigung. Zu viel der Ehre für mich!" Und weiter: "... dann, Herr Patzelt, muss die Frage nach Ihrem Geisteszustand erlaubt sein."

Gericht: Ansehen "massiv geschädigt"

In der Ausführung des Urteils heißt es, dass die "unwahren Tatsachenbehauptungen der Beklagten ehrenbeleidigend und kreditschädigend" seien. Dem Kläger werde eine "falsche Behauptung unterstellt" und damit sein Ansehen "massiv geschädigt", da er in der Öffentlichkeit als Menschenrechtsexperte bekannt sei. Und: "Darüber hinaus wird seine legitime öffentliche Kritik an der Beiziehung von Boulevardmedienvertretern zu einer Razzia nicht richtig wiedergegeben, sondern sogar in ihr Gegenteil verzerrt."

"Hier wurde die Grenze weit überschritten", sagt Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt zum STANDARD. Seine Organisation trete für Meinungsfreiheit ein, aber eine "Totalverdrehung ins Gegenteil" sei eine Diffamierung, die er sich persönlich nicht gefallen lassen könne – schon gar nicht als Repräsentant einer Organisation, deren wichtigstes Asset Glaubwürdigkeit sei. Er habe nämlich nicht die Razzien per se kritisiert, bei denen Waffen und Drogen sichergestellt wurden, sondern die "Medienshow" dahinter.

Weitere Verfahren anhängig

Neben der Unterlassungsklage auf zivilrechtlichem Wege läuft noch ein medienrechtliches Entschädigungsverfahren und das Gegendarstellungsverfahren von Patzelt gegen die "Kronen Zeitung". Wie berichtet, veröffentlichte die "Krone" zwar bereits eine Richtigstellung, nachdem Amnesty eine Gegendarstellung begehrte. Damit ist die Causa aber noch nicht vom Tisch, sagt Anwältin Maria Windhager, die Patzelt und beispielsweise auch den STANDARD vertritt. Die Richtigstellung sei nicht innerhalb der vorgegebenen Frist erfolgt, sondern verspätet. Im Raum stehe jetzt eine Geldbuße und eine neue Gegendarstellung. (Oliver Mark, 25.4.2016)