"Das Vertrauen, das mir das österreichische Volk durch die Wahl zum Bundespräsidenten ausgedrückt hat, wird mir bei der Ausübung meines hohen Amtes stets heiligste Verpflichtung sein."

Mit diesen Worten trat der Sozialdemokrat Theodor Körner das Amt des Bundespräsidenten an. Er war das erste vom Volk gewählte Staatsoberhaupt in der Geschichte der Zweiten Republik. Geht es nach den bisher veröffentlichten Umfragen zur Bundespräsidentenwahl am Sonntag, könnte es mit diesem Vertrauen in Rot und Schwarz in der Bundespräsidenten-Frage vorbei sein.

65 Jahre lang haben sich Volkspartei und Sozialdemokratie das Amt des Bundespräsidenten unter sich ausgemacht. Bis zur Wahl 1980 war Österreich zweigeteilt, was die Bundespräsidentenwahl betraf: Der Westen, niederösterreichisches Kernland und Teile Oberösterreichs sowie der Steiermark waren Territorium der Volkspartei, der Rest war in der Hand der SPÖ. Wie sich Ihr Bezirk in den vergangenen 65 Jahren entschieden hat, sehen Sie in dieser Animation – oder Sie klicken sich durch die einzelnen Wahljahre.

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Bis zur Wahl 1974 war der Machtausgleich "Schwarzer Kanzler, roter Präsident" ein Fixpunkt in der Politlandschaft. Weil die SPÖ seit 1970 mit Bruno Kreisky selbst den Bundeskanzler stellte, suchten die Sozialdemokraten einen Weg, den Ausgleichsgedanken zu umgehen. Sie fanden ihn in Rudolf Kirchschläger: Der Diplomat war parteilos und Katholik.

Kein VP-Kandidat, Weg frei für Kirchschläger

So kam es, dass die Volkspartei bei der folgenden Wahl im Jahr 1980 keinen eigenen Kandidaten aufstellte. Das brachte Rudolf Kirchschläger das bis heute beste Wahlergebnis eines Bundespräsidentschaftskandidaten ein. Er erhielt fast 80 Prozent aller Stimmen.

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Er gelobte 1983 die erste Bundesregierung zwischen SPÖ und FPÖ an. Ins politische Kreuzfeuer geriet Rudolf Kirchschläger, als er seinen Nachfolger und früheren Vorgesetzten Kurt Waldheim von jeder Schuld freisprach. Eine Historikerkommission kam damals zum Schluss, dass der frühere UN-Generalsekretär zwar selbst keine Kriegsverbrechen begangen habe, aber von diesen gewusst haben müsste. Eine Debatte über Österreichs Verhältnis zur NS-Vergangenheit entbrannte, Waldheim selbst verzichtete nach internationaler Isolation auf die Kandidatur für eine zweite Amtsperiode.

1998: Erste Wahl mit ernstzunehmenden unabhängigen Kandidaten

1992 folgte ihm Thomas Klestil: Er wurde siebenter Bundespräsident in der Zweiten Republik. Der Wahlerfolg gegen Rudolf Streicher (SPÖ) war der Höhepunkt in der Karriere des Diplomaten. Der Beginn seiner Amtsperiode war geprägt von den Verhandlungen Österreichs zum Beitritt in die Europäische Union. 1998 konnte er auf einen Wahlkampf quasi verzichten: Mit der unabhängigen, aber SPÖ-nahen Kandidatin Gertraud Knoll und der liberalen Heide Schmidt (Liberales Forum) kämpfte seine Konkurrenz um das gleiche politische Lager. Aber es war die erste Wahl, in der auch Kandidaten abseits von Rot und Schwarz einen maßgeblichen Teil der Stimmen holen konnten. Im Jahr 1998 trat auch Baumeister Richard Lugner zum ersten Mal an.

2004: Rot-Schwarz-Muster wie in der Vergangenheit

Auf Thomas Klestil, der noch während seiner zweiten Amtsperiode verstarb, folgte der bis heute amtierende Heinz Fischer. Beim ersten Antreten des ehemaligen SPÖ-Abgeordneten und Nationalratspräsidenten zeigte sich wieder das bewährte Muster: Der Westen und Teile Niederösterreichs sowie der Steiermark gaben tendenziell eher seiner ÖVP-Kontrahentin Benita Ferrero-Waldner ihre Stimme.

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Anders bei der vergangenen Wahl im Jahr 2010: Mangels eines geeigneten Kandidaten überließ die Volkspartei Heinz Fischer das Feld. Er gewann die Wahl mit ähnlich starkem Ergebnis wie Rudolf Kirchschläger 1980 mit 79 Prozent der Stimmen.

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In jedem Fall wird die politische Landschaft nach dem Wahlsonntag um einiges bunter werden – womöglich sogar ohne Rot und Schwarz. (Markus Hametner, Gerald Gartner, 23.4.2016)