Ein Flüchtling im Internierungslager Moria auf der Insel Lesbos. Von dort soll es zurück in die Türkei gehen.

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Es gebe "gute Fortschritte" bei der Umsetzung des EU-Türkei-Pakts, Griechenland habe "alle rechtlichen und operativen Methoden" zum Einsatz gebracht. Drei Wochen nach Inkrafttreten des vereinbarten Maßnahmenpakets zur Eindämmung der illegalen Migration in der Ägäis samt Abschiebungen einerseits und zur regulären Umsiedlung von syrischen Flüchtlingen aus der Türkei in EU-Länder andererseits könne man "erste greifbare Ergebnisse" herzeigen. Mit dieser Zwischenbilanz wartete der für Migration und innere Sicherheit zuständige EU-Kommissar Dimitri Avramopoulos am Mittwoch in Brüssel auf.

So habe die Zahl der Migranten, die auf einer griechischen Insel ankamen, in den vergangenen drei Wochen 5874 betragen. Im gleichen Zeitraum vor dem Start des Abkommens seien es 26.878 Menschen gewesen, berichtete Avramopoulos. Er sah darin den Nachweis, dass der Kampf gegen das Schlepperwesen funktioniere.

Rückführungen kommen nur schleppend voran

Auf Nachfrage räumte er aber ein, dass die Rückführungen in die Türkei nur schleppend in Gang kamen: 325 Migranten, die keinen Asylantrag in Griechenland gestellt hätten, seien zurückgebracht worden. Was die mit Ankara vereinbarten direkten Übersiedlungen von Syrern in den EU-Raum betrifft, sieht es noch schlechter aus: Lediglich 103 Flüchtlinge wurden aus der Türkei nach Europa ausgeflogen. in Griechenland wächst die Zahl der Asylwerber stark. Von den angekündigten 6000 regulären Umsiedlungen pro Monat sei man weit entfernt, räumte Avramopoulos ein. Alle Länder müssten ihre Anstrengungen deutlich erhöhen.

Die Türkei habe zugesagt, es werde keine Ausweisungen von zurückgeschickten Flüchtlingen in ihre Herkunftsländer geben, auch nicht von jenen aus dem Irak oder Afghanistan, wenn sie um Asyl ansuchten. Die Türkei hat die Genfer Konvention, die das garantiert, nicht voll anerkannt.

Vorsicht bei Visafreiheit

Vorsichtig äußert sich die Kommission zu der im Pakt zugesagten Visafreiheit für türkische Staatsbürger ab Ende Juni. Nur wenn alle dafür nötigen 72 Vorbereitungsmaßnahmen und Kriterien umgesetzt seien, werde es dazu kommen, betonte Avramopoulos. Am 4. Mai will die Kommission einen Bericht dazu vorlegen.

Die türkische Regierung reagierte auf Berichte über die Visaklausel mit neuerlichen Drohungen. "Hält die EU nicht ihr Wort, werden auch wir das Rücknahmeabkommen und weitere Übereinkommen annullieren", kündigte Außenminister Mevlüt Çavusoglu in einer Parlamentsdebatte an. Damit spielte der Minister auf die Zollunion mit der EU an, deren Reform Ankara von Brüssel auch zugesagt worden war.

Regierungschef Ahmet Davutoglu gab an, nur noch ein Viertel der 72 Punkte langen Maßnahmenliste bleibe zu erledigen. Die Türkei muss unter anderem neue biometrische Pässe drucken und an ihre Bürger verteilen. Derzeit werden fallweise lediglich neue Personalausweise ausgegeben. Ganz anders dürfte es mit der Aufhebung des Visumszwangs für Ukrainer werden, die für drei Monate in die EU einreisen wollen. Die Kommission beschloss am Mittwoch, dass die Regierung in Kiew alle Voraussetzungen erfüllt habe. Sie schlägt dem Ministerrat und dem EU-Parlament daher vor, dass die Visafreiheit für die Ukraine sofort umgesetzt werden soll. Thomas Mayer aus Brüssel Markus Bernath aus Athen, 20.4.2016)