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Schlossbesitzer gehen in die Geschichtsbücher ein, verspricht die Maklerin.

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Das großteils vermietete "vornehme Schloss" in Seibersdorf steht als Anlageobjekt zum Verkauf.

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In Tschechien sind sanierungsbedürftige Schlösser schon um wenige Zehntausend Euro zu haben.

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Das Schloss in der Nähe von Graz kostet 2,7 Millionen Euro.

Foto: Kurz Immobilien

Ein sehr repräsentativer Altbau in Grünruhelage, sanierungsbedürftig, aber mit ausreichend Wohnraum für ein ganzes Dorf. Das Problem dabei: Die herrschaftliche Immobilie befindet sich in besagtem Dorf. Weit und breit ist kein Ballungsraum in Sicht, der das Objekt für Käufer interessant machen würde, weil in dem Falle die gewerbliche Nutzung, etwa als Hotel, wesentlich leichter fiele.

Und so verfällt das prachtvolle Anwesen mehr und mehr. Dieses Szenario findet man in Österreich derzeit öfter, als man denkt. Denn auch bei Schlössern heißen die berühmten drei wichtigsten Kriterien "Lage, Lage, Lage", weiß der Salzburger Makler Alexander Kurz.

Er nennt die Zahl von 35 Schlössern, die derzeit zu haben sind, vom Jagdschloss in Kärnten um 2,9 Millionen Euro über das "vornehme Schloss in der Nähe von Wien" (Preis auf Anfrage) bis hin zum herrschaftlichen Landsitz in der Steiermark (Preis ebenfalls auf Anfrage).

Schwer verkäufliche Schlösser

Kurz weiß aus Erfahrung: Liegt ein solches Schloss im Einzugsbereich eines Ballungsraums, ist ein rascher Verkauf möglich oder sogar wahrscheinlich. "Vor ein paar Jahren haben wir binnen kürzester Zeit ein Schloss im Stadtbereich von Salzburg an einen Wohlhabenden verkaufen können." Befindet sich das Gemäuer auf dem weiten Land und ist vielleicht noch die Bausubstanz sehr schlecht, ist ein Schloss "nahezu unverkäuflich" – auch wenn der Eigentümer durchaus gerne verkaufen würde.

Nur eine Lage ist gleich gut wie die zentrale Lage: am See. "Am See ist wie in der Stadt", sagt Kurz' Schlösser-Experte Benedikt Seilern. Er kennt das bereits erwähnte "vornehme Schloss in der Nähe von Wien" sehr gut, es befindet sich in Seibersdorf, einer kleinen Gemeinde südlich von Wien, und zwar im Ortszentrum und ist schon länger am Markt. Man findet es im Internet auf einigen Makler-Websites, manchmal auch auf solchen, die schon länger nicht mehr gewartet werden. Laut all diesen Inseraten ist das alte Gemäuer von der Bundeshauptstadt aus in nur 30 Autominuten erreichbar.

"Der jetzige Eigentümer hat das Schloss in den frühen 1970er-Jahren als Ruine erworben und damit eigentlich nichts falsch gemacht." Soll heißen: Aufwendig saniert und in Schuss gehalten, ohne auf die Idee zu kommen, Plastikfenster einzubauen. Jetzt sei es ein Schmuckstück, das noch dazu zum Großteil vermietet ist.

Kultureller Veranstaltungsort

Einige Mitarbeiter des nahen Forschungszentrums, für das Seibersdorf bekannt ist, wohnen hier. Außerdem wird das Schloss als kultureller Veranstaltungsort genutzt. Dass das auch so bleibt, daran hat die Gemeinde wohl Interesse – ein Muss für den Käufer ist die kulturelle Bespielung des Schlosses gleichwohl nicht, sagt Seilern.

Dennoch fand sich für das Anwesen bisher kein Käufer. Das könnte am Preis liegen, den die Immobilienkanzlei Kurz zwar nicht nennt, der laut den diversen anderen Portalen aber bei rund 3,5 Millionen Euro liegen soll. "Der Besitzer hat aber an sich keinen Druck zu verkaufen", und so wartet er eben ab. Wegen der darin befindlichen Mietwohnungen wäre es ein durchaus interessantes Anlageobjekt, sagt Seilern. Wer es kauft, könne selbstverständlich auch selbst darin wohnen, sofern das gewünscht wird.

In Kurz' "Lage"-Denken sind 30 Minuten Entfernung von Wien möglicherweise ein Grenzfall. Ein (fiktives) Schloss an der tschechischen Grenze, mit nur 7000 Quadratmeter großem Grundstück, wäre aber "sicher ganz schwer zu verkaufen", sagt Seilern. Eine etwaige Hotelnutzung ist dort oft nicht einträglich genug. "Diese Objekte sind de facto unverkäuflich." Ob eine Eigenjagd dabei ist oder nicht, sei dabei nicht das wesentliche Kriterium, sondern eher, ob ein Wirtschaftswald angeschlossen sei.

Schnäppchen in Tschechien

Noch etwas weiter nördlich von Seilerns fiktivem Beispiel, jenseits der Staatsgrenze nämlich in Tschechien, sind ebenfalls zahlreiche Schlösser in der sogenannten "Einschicht" zu kaufen. Und die Preise, die auf der Plattform www.vipcastle.com bei nicht wenigen Schlössern beziehungsweise schlossähnlichen Altbauten dabeistehen, könnten bei guter Laune und sogar noch auf den zweiten Blick als "Schnäppchen" durchgehen. Sie beginnen bei einigen Zehntausend Euro und reichen zumindest unter der Rubrik "leistbar" meist bis zur halben Million.

"In Westeuropa kosten vergleichbare Schlösser ein Mehrfaches", sagt Natalia Makovik, Geschäftsführerin von www.vipcastle.com. Dass es für Käufer mit der Nutzung schwierig werden könnte, glaubt sie nicht. "Unsere Kunden interessieren sich aus unterschiedlichen Gründen für unsere Objekte, manche wollen ein repräsentatives Zuhause, andere wollen ein Hotel aufmachen."

Argument Geschichtsbuch

Gerade im Vier- bis Fünf-Sterne-Schlosshotel-Segment, insbesondere mit Zielgruppe Hochzeitsgesellschaften, gebe es da nämlich einen eklatanten Mangel in Tschechien. "Für solche Vorhaben ist ein historisches Gemäuer wie geschaffen." Ihre Interessenten stammen hauptsächlich aus Russland, China, USA und den Nachbarländern, entsprechend weit gefasst ist ihr Bedürfnis nach guter Lage. Von Paris oder Wien sei man in eineinhalb Stunden vor Ort, sagt Makovik.

Wen das alles nicht überzeugt, für den hat sie noch ein letztes Argument: Schlossbesitzer gingen nämlich stets in die Geschichtsbücher ein, meint sie – eben deshalb, weil sie eine Zeitlang Besitzer eines die Jahrhunderte überdauernden Anwesens waren. "Ein Hauch von Ewigkeit" eben. (Martin Putschögl, 3.5.2016)